Info
16.04.2014, 14:24 Uhr
Frank Piontek
Jean-Paul-Reihe
images/lpbblogs/logenlogo_164.jpg
Jean Paul selbst nannte seinen Debütroman eine „geborne Ruine“: Frank Piontek liest „Die unsichtbare Loge“ von Jean Paul, Tag für Tag, von der ersten bis zur letzten Seite, und bloggt darüber.

Logen-Blog [393]: Hier also betrat der Dichter das Haus...

Es ist schön, in einem schönen Hotel zu übernachten – zumal dann, wenn es nichts kostet.

Jean Paul geht es, das ist selten, einmal so, als er nach Regensburg reist, wo er – wir haben darüber gelesen – den Herrn Dalberg trifft – aber wo hat er übernachtet? Davon haben wir noch nichts gehört.

Dalberg bringt ihn am Haidplatz unter, wo ein berühmtes Haus steht: das Erste.

Jean Paul quartiert sich im Hotel Zum Goldenen Kreuz ein, wo einst die Kaiser wohnten. Der bekannteste war Karl V., denn hier küsste er, wie wir lesen können, einer Jungfraw also der Barbara Blomberg Mund – mit einer interessanten Folge: der Geburt des berühmten Don Juan de Austria, dem sein kurzes Leben einen langen Ruhm brachte: einen Ruhm, über den der Kriegsverächter Jean Paul sich Seines dachte.

Hier also betrat der Dichter das Haus...

… und hier hätte er auf den Platz schauen können, wenn er nebenan, im Durchgang des monumentalen Thon-Dittmer-Palais, verweilt hätte. Als Jean Paul nach Regensburg reiste, war der aus einigen Altbauten zusammengebaute Neubau gerade einmal sieben Jahre alt – und keine sieben Jahre später wird der Dichter überlegen, was er mit seinem Altbau der Romanruine anfangen wird.

Was ihn offensichtlich ebenso beeindruckt wie das Palais der Thurn und Taxis – der Familie der Stadt – sind die typischen schmalen Gassen. In seiner Selberlebensbeschreibung kommt er darauf zu sprechen: in Zusammenhang mit seinem Vater, der viele Jahre vorher hier studiert hat.

Darauf bezog er das Gymnasium poeticum in Regensburg, um nicht nur in einer größern Stadt zu hungern, sondern auch darin statt des Laubes die eigentliche Blüte seines Wesens zu treiben. Und diese war die Tonkunst. In der Kapelle des damaligen Fürsten von Thurn und Taxis, – des bekannten Kenners und Gönners der Musik – konnte er der Heiligen, zu deren Anbetung er geboren war, dienen.

Ich muss leider bekennen, dass mir, als ich vor einigen Jahren in Regensburg war, unter allen dortigen Antiken und Vergangenheiten – nicht einmal den Reichstag ausgenommen – das väterliche gedruckte Leben die Wichtigste war; und ich dachte im Thurn und Taxischen Palast und in den engen Gassen, wo ein paar Dickbäuche ein schweres Ausweichen haben, oft an die einklemmenden Wege und engen Pässe seiner Jugendtage.

Gleich am Hotel beginnt eine jener Gassen, die nach Norden führen: Richtung Donau.

Hier, am schönen, großen Fluss, steht die berühmte Wurstkuchl, wo es damals keine köstlichen Bratwürste, aber gesottenes Fleisch gab. Leicht vorzustellen, dass sich Jean Paul nach den Gesprächen mit dem Fürstprimas a.D. noch zu einem Après mit sich selbst in den kleinen Raum zurückzog.

Was bleibt, ist die Literatur – oder La Littérature. Man begegnet ihr in Regensburg auf Schritt und Tritt; auch Jean Paul wird es schon erfahren haben.

Verwandte Inhalte
Autoren
Autoren
Städteporträts
Städteporträts