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15.01.2014, 16:07 Uhr
Frank Piontek
Jean-Paul-Reihe
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Jean Paul selbst nannte seinen Debütroman eine „geborne Ruine“: Frank Piontek liest „Die unsichtbare Loge“ von Jean Paul, Tag für Tag, von der ersten bis zur letzten Seite, und bloggt darüber.

Logen-Blog [320]: Jean Paul und der Erste Weltkrieg

Was hat Jean Paul mit dem Ersten Weltkrieg zu tun, dem das Epitheton fürchterlich beizugeben so überflüssig wäre wie dem Dichter das Beiwort wunderbar? Oho, eine ganze Menge, wie es in Becketts Mercier und Camier so schön heißt. Denn:

In der Ausstellung Ein Blick auf das Jahr NEINZEHNHUNDERTVIERZEHN, die gestern, am 12.1. 2014, im Anderen Museum in der Bayreuther Friedrich-Puchta-Strasse 12 eröffnet wurde (und hier noch das ganze Jahr 2014 über läuft), wird in mehrerlei Sinn an den Dichter erinnert: der Herr Direktor, Joachim Schultz – den Lesern des Literaturportals Bayern ist er als Autor des Panizza-Blogs längst ein Begriff – hat in der Abteilung Erster Weltkrieg ein sinnreiches, humanistisches Zitat untergebracht, das den Irrsinn dieses Krieges konterkariert. Er hat, zum zweiten, im

unter dem Stichwort Jean Paul den Hinweis auf eine der seltsamsten Schriften des Dichters und Denkers untergebracht. War ihm nicht, muss man vermuten, seinerzeit das Denken offensichtlich kurzfristig abhanden gekommen?

Marcell Salzer hat Jean Pauls Text „Der Tod des Jünglings auf dem Schlachtfelde 1913“ [an dieser Stelle muss man die Sonderzeichen „[„ und “]“ in das Zitat aufnehmen – denn „1913“ ist nicht „1813“, oder vielleicht doch?...] in sein Kriegsprogramm aufgenommen (Heft 1, S. 14-16).

Salzer, der als Kabarettist in die Geschichte einging und wie viele an sich intelligente und kreative Köpfe seinen Beitrag zum Krieg leistete, hat sich 1914 Jean Pauls Die Schönheit des Sterbens in der Blüte des Lebens; und ein Traum von einem Schlachtfelde vorgenommen und einen Ausschnitt unter dem neuen Titel publiziert. Man findet es seltsamerweise auch im nicht ganz unbekannten Lustigen Salzer-Buch, das zwischen 1922 und 1929 in 5 Bänden erschien: mit „heiteren Lektüre- und Vortragsstücken“. Der Ausschnitt aber ist tendenziös – denn Jean Pauls Traumvision eines „schönen“ Todes will komplett gelesen werden, um das Problematische dieser Vision begreiflich zu machen.

Interessant, was man damals als „heiter“ empfand. Allein: man ging ja auch lustig in den Weltenbrand hinein. Jean Paul lieferte wenigstens mit einem einzigen, tendenziös zitierten Text seine mehr oder weniger unfreiwilligen Stichworte für den Krieg.

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