Verleihung der Literatur- und Kulturpreise der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur

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© Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendliteratur

Die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendliteratur verleiht im Jahr 2025 den von der Unterfränkischen Kulturstiftung des Bezirks Unterfranken in Höhe von 5.000 Euro gestifteten Großen Preis an die Zeichnerin und Autorin Barbara Yelin (München). Zusätzlich werden in diesem Jahr Dr. Jana Mikota (Siegen) und Prof. Dr. Gabriele von Glasenapp (Frankfurt am Main) mit dem Volkacher Taler ausgezeichnet. Die Preisverleihung findet am Freitag, 21. November 2025, im Rahmen eines Festakts in Volkach statt. 

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In Würdigung ihres vielschichtigen Erzählens im Medium Comic – in Zeichnung, Dialog und Erzähltext – erhält Barbara Yelin, eine Virtuosin der deutschen Comic-Szene, den Großen Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur.

Die Preisträgerin Barbara Yelin (München) 

Barbara Yelin, 1977 in München geboren, ist seit über 20 Jahren künstlerisch tätig. Nach ihrem Studium der Illustration an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg startete sie in Frankreich als Comic-Zeichnerin mit ihren Bänden Le visiteur (2004) und Le retard (2006) bei Editions de L’an 2/Actes Sud. 2010 publizierte sie in Zusammenarbeit mit Peer Meter Gift, eine Graphic Novel über die Bremer Mörderin Gesche Gottfried im Berliner Veragshaus Reprodukt. Hier legte Yelin 2014 auch ihr Glanzstück, den für den Eisner-Award nominierten Comic-Roman Irmina vor, der auf Basis von Erinnerungsstücken aus dem Leben von Yelins Großmutter tiefgründig und bildgewaltig ein Leben voller Umbrüche zwischen Mitläufertum und Wegsehen nachzeichnet. Der Band ist inzwischen in mehr als zehn Sprachen übersetzt worden. 2015 wurde Yelin mit dem Bayerischen Kunstförderpreis, 2016 mit dem Max-und-Moritz-Preis als beste deutschsprachige Comic-Künstlerin geehrt. Im gleichen Jahr erschien in Kooperation mit dem Goethe-Institut Israel die Comic-Biografie Vor allem eins: Dir selbst sei treu – die Schauspielerin Channa Maron sowie 2017 die auf einem Web-Comic basierende Graphic Novel Der Sommer ihres Lebens, gemeinsam mit Thomas von Steinaecker.

Ihre individuelle Form der Auseinandersetzung zeigt sich insbesondere in den bereits 2019 begonnenen Gesprächen und Aufzeichnungen über Lebenserinnerungen der niederländischen Holocaust-Überlebenden Emmie Arbel, die als Kind drei NS-Konzentrationslager überlebte. Eine erste Kurzversion Yelins über Arbels Leben erschien 2022 in der Anthologie But I live / Aber ich lebe – Vier Kinder überleben den Holocaust (in englischer Sprache bei University of Toronto Press/New Jewish Press und auf Deutsch bei C.H. Beck). 2023 folgte unter dem Titel Emmie Arbel. Die Farbe der Erinnerung die erweiterte Lebensgeschichte – ein weiteres Meisterstück Yelins. Hier tritt einmal mehr Barbara Yelins herausragende Gabe für biographisches Erzählen zutage – ihre genaue Beobachtungsgabe, ihre einfühlsame Zugewandtheit und ihre dichte atmosphärische Bildsprache.

Neben ihrem künstlerischen Talent zeichnet Yelin unter anderem ihr großes soziales Verstehen und gesellschaftliches Engagement aus. So setzt sie sich nicht nur für die biographische Erinnerungsarbeit ein, sondern engagiert sich auch in Kunstprojekten gegen die Ausbeutung von Geflüchteten, gegen Antisemitismus, Hass und Rassismus. Yelin macht mit ihren Bildwerken ungesehene Lebenswege und Schicksalsschläge für uns alle sichtbar. Dies gilt insbesondere auch für künstlerische Persönlichkeiten: 2025 erscheint anlässlich des 50. Todestages der deutschen Ausnahme-Schauspielerin Therese Giehse eine sehr berührende Hommage Yelins unter dem Titel Die Giehse. Ein Leben für das Theater 1898-1975 (Reprodukt). Therese Giehse, bereits erfolgreich tätig für die Münchner Kammerspiele, musste 1933 als linke, jüdische und queere Frau in die Schweiz fliehen, um aus dem Exil das unfassbare Weltgeschehen zu kommentieren, karikieren und dramatisieren – gegen Diktatur und Krieg und für eine offene Gesellschaft. Yelin steht mit ihrem Werk für eine Themenspektrum ein, das höchste Anerkennung verdient.

Volkacher Taler an Jana Mikota (Siegen)

Dr. Jana Mikota vereint literaturtheoretische, -didaktische und pädagogische Expertise auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendliteratur, ohne dabei den Blick auf das Kind und die gesellschaftlichen Bedarfe unserer Zeit zu vernachlässigen. Im Mittelpunkt steht für sie der Mensch, den es für kinder- und jugendliterarische Texte zu begeistern gilt: Seien es Kinder, Schülerinnen und Schüler, Studierende, Bibliothekarinnen und Bibliothekare ebenso wie Mitarbeitende aus Buchbranche und Wissenschaft oder Familien. Und vor der Beschäftigung mit dem Buch steht die Auswahl des Buches, für die sie insbesondere auch in der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur seit über 10 Jahren zunächst im erweiterten Präsidium, dann als Vorsitzende der Jury Buch des Monats fleißig und mit großer Leidenschaft für den Gegenstand ihr Fachwissen einbringt.

Geboren 1973 in Prag, Tschechien, zeigt bereits ihr persönlicher Werde- und Studiengang ihr Interesse an historischen und gesellschaftspolitischen Entwicklungen auf. Nach ihrem Studium der Germanistik, Geschichte, Kunstgeschichte und der Promotion an der Universität Siegen war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin in Projekten zu Kriegs- und Nachkriegskindheiten sowie zur Erschließung von Schulprogrammen an verschiedenen Instituten (u.a. Essen, Frankfurt am Main) sowie Lehrkraft für besondere Aufgaben am Lehrstuhl Literaturdidaktik (Prof. Dr. Hermann Korte) der Universität Siegen. Seit 2013 ist sie Oberstudienrätin im Hochschuldienst an der Universität Siegen. Neben zahlreichen Ausstellungen, Ringvorlesungen, wissenschaftlichen Tagungen und Kongressen ist sie immer wieder auch Impulsgeberin für Projekte, die in die Stadtgesellschaft wirken, etwa „Eine Stadt liest… ein Kinderbuch“ (gemeinsam mit der Stadt Siegen) oder der Siegener Kinder- und Jugendbuchbiennale.

Jana Mikota ist gern gesehen in Jurys (u.a. Mitglied im Leipziger Lesekompass und Vorsitzende Buch des Monats, Paul Maar-Preis), als Veranstalterin und Teilnehmerin an Tagungen zu Kinder- und Jugendliteraturforschung und Literaturwissenschaft in Deutschland, Österreich und den USA. Ein besonderes Augenmerk legt sie auf die Erforschung von Texten und Zeichnungen von und für Kinder (etwa Kinderlyrik, Erstleseliteratur) sowie die Wahrnehmung von Texten und Schicksalen von Frauen, u.a. Migrantinnen und Jüdinnen. Sehr am Herzen liegen ihr die Sensibilisierung für Texte zur Shoah sowie die Erforschung der Kinderliteratur in der DDR und in Osteuropa. Die Beschäftigung mit der eigenen Vergangenheit ist ihr Antrieb und Auftrag für ein soziales Miteinander – und das Kinderbuch ein für sie wesentliches Medium für eine gelingende gesellschaftliche Kommunikation in der Gegenwart und für die Zukunft.

Jana Mikota zählt branchenübergreifend zu den aktivsten und beliebtesten Vermittlungskoryphäen von Kinder- und Jugendliteratur und ihrer Wissenschaft in Deutschland, die sich in vielerlei Hinsicht für die Akademie eingesetzt hat. 

Ausgezeichneit mit dem Volkacher Taler: Gabriele von Glasenapp (Frankfurt am Main)

Prof. Dr. Gabriele von Glasenapp ist nicht nur eine der namhaftesten und angesehensten Forscherinnen im Bereich der deutschsprachigen Kinder- und Jugendliteratur; sie ist eine Persönlichkeit mit Weitblick, die ihr Wissen und ihren Erfahrungsschatz auf unnachahmliche Weise – unprätentiös, beständig und fachlich fundiert – in den Dienst unserer Gesellschaft, vorrangig den der kinder- und jugendliterarischen Community stellt. Wer sie an seiner Seite weiß, darf sich glücklich schätzen!

Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen Theorie, Geschichte und Gattungen der Kinder- und Jugendliteratur (und -medien) des 19., 20. und 21. Jahrhunderts, insbesondere die deutschsprachige jüdische (Kinder- und Jugend-)Literatur. „Erinnerungskultur“ und „kollektives Gedächtnis“ sind weitere zentrale Begrifflichkeiten ihres Lebens wie ihrer Forschung.

Geboren 1956 in Frankfurt am Main zog es sie nach ihrem Studium der Germanistik, Romanistik und Geschichtswissenschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main sowie an der Université Franҫois Rabelais in Tours als Stipendiatin der Josef-Buchmann-Stiftung zu einem Promotionsstudium an die Hebrew University in Jerusalem. Von 1987 bis 2000 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin, unter anderem im Archiv Bibliographia Judaica, Frankfurt am Main, im Exilarchiv der Deutschen Nationalbibliothek, am Institut für Jugendbuchforschung der Frankfurter Goethe-Universität, an der Arbeitsstelle für Kinder- und Jugendmedienforschung (ALEKI) an der Universität zu Köln sowie am Ludwig-Strauss Lehrstuhl für Jüdische Literatur an der Germanistischen Fakultät der RWTH Aachen – Einrichtungen, die sie und ihr Leben begleitet haben. An der Germanistischen Fakultät der RWTH schloss sie 1994 ihre Promotion mit einer germanistischen Arbeit zu deutschsprachigen Ghettoerzählungen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts ab. Es folgten Lehraufträge im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur sowie der Jüdischen Literatur, u.a. an den Universitäten in Frankfurt am Main, Oldenburg, Dublin und Köln. Am Kölner Institut für deutsche Sprache und Literatur II der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät war sie 2002 bis 2004 pädagogische Mitarbeiterin und von 2005 bis 2011 Akademische Rätin am Institut für Jugendbuchforschung der Goethe-Universität Frankfurt am Main. 2011 wurde sie als Universitätsprofessorin für Neuere Deutsche Literatur und ihre Didaktik (Schwerpunkt Kinder- und Jugendliteraturwissenschaft) am Institut für Deutsche Sprache und Literatur II der Universität zu Köln sowie als Leiterin der Arbeitsstelle für Kinder- und Jugendmedienforschung (ALEKI) berufen. Von 2018 bis zu ihrem Ruhestand 2023 war sie zugleich Prodekanin der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln für Personal, Gleichstellung und Diversität.

Der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur stand sie nicht nur über zwölf Jahre (2013-2025) als Vizepräsidentin mit ihren außerordentlichen Erfahrungen stets verbindlich und verbindend zur Seite, sie ist zudem Mitherausgeberin zahlreicher Bände der Schriftenreihe der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur.

Gabriele von Glasenapp ist eine Garantin sowohl für exzellente Kinder- und Jugendliteraturwissenschaft als auch für integrative Zusammenarbeit über alle Bereiche der Kinder- und Jugendliteratur hinweg. Sie war, ist und bleibt eine der verlässlichsten Mitstreiterinnen für eine gute Zukunft der Akademie, eine Tätigkeit, für die es ihr von Herzen zu danken gilt. 

Die Preisverleihung 

Der Große Preis sowie die Volkacher Taler werden am Freitag, 21. November 2025, im Rahmen eines Festakts in Volkach verliehen. Die Einladung erfolgt aus Platzgründen persönlich. Die Laudatio auf die Trägerin des Großen Preises 2025 spricht Prof. Dr. Winfried Bausback für das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst. Die Laudationes auf die Volkacher Taler-Trägerinnen spricht Präsidentin Dr. Claudia Maria Pecher für die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendliteratur.

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