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Geb.: 31. 8.1943 in Oslo
Foto: Karsten de Riese

Gisela Heidenreich

Gisela Heidenreich wird 1943 in einem Lebensborn-Heim in Oslo geboren. Sie wächst in Bad Tölz und München auf und studiert Pädagogik, Sonderpädagogik und Psychologie. Später folgen Ausbildungen in Paar- und Familientherapie sowie Mediation. Sie unterrichtet langjährig an Schulen und Instituten, arbeitet seit Jahrzenten als Paar- und Familientherapeutin bzw. Mediatorin in freier Praxis. Seit 2003 ist sie Dozentin und Supervisorin an der Bayerischen Akademie für Gesundheit in Seeshaupt. Außerdem ist sie als Schriftstellerin Mitglied im deutschen P.E.N.

Ihre Biografie ist Teil der deutschen Nachkriegsgeschichte. So auch ihre Bücher, in denen sie ihre Familiengeschichte in historischem Kontext aufarbeitet.

In ihrem ersten Buch schildert Gisela Heidenreich die Geschichte ihrer Mutter während der NS-Zeit, die als Sekretärin für den Lebensborn e.V. in München arbeitete. Heinrich Himmler hat diesen am 2. Dezember 1935 als eingetragenen Verein gegründet, um auf der Grundlage der NS-Rassenideologie die „nordische Rasse“ zu fördern. In der Satzung wird dies euphemistisch als „Förderung deutscher Mütter, Kinder und Familien guten Blutes“ beschrieben.

Als Gisela Heidenreichs Mutter von einem SS-Kommandanten an der Junker-Schule in Bad Tölz schwanger wird, lässt sie sich fernab an die norwegische Einrichtung des „Lebensborn e.V.“ in Oslo versetzen, bringt ihr Kind dort zur Welt und übergibt es nach ihrer Rückkehr als „norwegisches Waisenkind“ in die Obhut ihrer Schwester. Gisela wächst zunächst als deren vermeintliche Tochter auf, bis sie als Dreijährige damit konfrontiert wird, dass diese Frau nicht ihre Mutter, sondern die Tante ist, und die vermeintliche Tante ihre Mutter. Erst später nimmt diese ihr Kind zu sich, verleugnet aber den wahren Hintergrund seiner Herkunft. Doch selbst dann wird sie von ihrer Mutter, die bis Mai 1945 für den Lebensborn e.V. gearbeitet hat, verleugnet, weil diese ihre eigene NS-Vergangenheit vertuschen will. Erst als Abiturientin findet sie heraus, dass ihr Vater noch lebt.

In ihrer romanhaften Autobiografie Das Endlose Jahr von 2003 – inzwischen ein Bestseller – schildert Gisela Heidenreich die Suche nach ihrer Herkunft. Das Buch steht beispielhaft für viele Fragen der Nachkriegsgeneration an die Generation der Eltern und deren Verhalten zur Zeit des Nationalsozialismus. Das Buch wird 2006 u.d.T. Sie ist meine Mutter verfilmt.

In den folgenden Büchern Sieben Jahre Ewigkeit (2007) und Geliebter Täter – Ein Diplomat im Dienst der Endlösung (2011) beschreibt Gisela Heidenreich die Liebe ihrer Mutter zu Horst Wagner und dessen Biografie. Wagner war Vortragender Legationsrat des damaligen Außenministers Ribbentrop, der als Hauptkriegsverbrecher hingerichtet wurde. Wagner selbst wurde in Nürnberg wegen Beihilfe zum Mord von 350.000 europäischen Juden angeklagt und nie verurteilt.

Diese Themen verarbeitet Heidenreich 2015 in einer dreiteiligen Hörfunksendung für den Bayerischen Rundfunk u.d.T. Die schwarze Mappe.  

2017 gibt sie den Sammelband Born of War – Vom Krieg geboren – Europas verleugnete Kinder heraus. In diesem Buch erzählen Nachkommen deutscher Väter aus verschiedenen Ländern Europas von ihren belasteten Leben als „Kinder des Feindes“. Darüber hinaus schildern Deutsche, die in Lebensborn-Heimen zur Welt gekommen sind, ähnlich bewegende Erfahrungen.

Gisela Heidenreich ist mit dem Schriftsteller Gert Heidenreich verheiratet und lebt mit ihm im oberbayerischen Seefeld.

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