Info
Geb.: 11. 8.1884 in Malleczewen bei Neuendorf
Gest.: 16.2.1945 in Dachau, abweichendes Datum: 17./24.2.1945
© Pasinger Archiv e.V.
Titel: Dr. med.
Namensvarianten: Friedrich Reck, Fritz Reck, Friedrich Percyval Reck-Malleczewen

Friedrich Reck-Malleczewen

Geboren wird Friedrich (seit 1923 Percyval) Reck-Malleczewen als Sohn eines konservativen Reichs- und Landtagsabgeordneten auf dem ostpreußischen Familiengut Malleczewen bei Neuendorf nahe der damaligen polnisch-russischen Grenze. Nach dem Abitur 1904 leistet er ein halbes Jahr Militärdienst (vermutlich beim 5. Thüringischen Infanterie-Regiment) und studiert von Oktober 1904 bis 1909 Medizin in Königsberg, Innsbruck, Rostock und Jena. 1908 heiratet er die Baltendeutsche Anna Büttner, 1911 beendet er seine Ausbildung mit der Promotion. Reck-Malleczewen versucht sich – nach der Geburt seiner zweiten Tochter Susanne 1912 – zeitweilig als Schiffsarzt, dann als Passagier auf Schiffen, die ihn an die Westküste Südamerikas und bis nach New York bringen. Weihnachten 1912 ist er wieder bei seiner Familie, nun in Bayern.

Wegen Diabetes für den Militärdienst untauglich befunden, lebt er als freier Journalist in Pasing bei München, wo er Beiträge für namhafte Zeitungen verfasst und ab 1915 als populärer Unterhaltungsschriftsteller brilliert. Seinem Lebensstil gibt Reck-Malleczewen bisweilen einen exzentrischen Anstrich: Im Tropenanzug erscheint er auf der Münchner Ludwigstraße, er selbst gibt sich als reicher aristokratischer Offizier und unabhängiger Weltenbummler aus. Bis zur völligen Verwischung von Realität und Fiktion setzt er abenteuerliche Legenden über sich in die Welt. Seinen Nachnamen schmückt er weiterhin mit dem Ort seiner Herkunft, um so seine Abstammung zu betonen.

Neben Jugendbüchern (Der Admiral der roten Flagge, 1917) und exotischen Abenteuerromanen für Erwachsene (Frau Übersee, 1918; Die Dame aus New York, 1920) entstehen in Pasing historische Novellen bzw. Romane (Phrygische Mützen, 1921; Monteton, 1923), aber auch persönliche Zeitdokumente, wie die Erinnerungen eines Stabsoffiziers in Russland von 1917-19 (Von Büchern, Henkern und Soldaten, 1924), sowie ein biografischer Roman über Jean Paul Marat (1928/29). Zudem wird in Reck-Malleczewens Wohnung 1930 der Tukan-Kreis gegründet. Sein erfolgreichster Roman Bomben auf Monte Carlo, wird 1931 mit Hans Albers und Heinz Rühmann verfilmt.

Bereits 1920 erwirbt Reck-Malleczewen das Schloss Schnaittach bei Lauf in Mittelfranken, das er 1925 wieder verkauft und gegen das Bauerngut Poing bei Truchtlaching im Chiemgau eintauscht. Mitte 1933 zieht er endgültig von Pasing dorthin. Nachdem seine Ehe geschieden worden und er selbst zum Katholizismus übergetreten ist, vermählt er sich 1935 ein zweites Mal. Mit der 26 Jahre alten Adoptivtochter eines Jugendfreundes, Irmgard Parnemann, hat der bereits vierfache Vater Reck-Malleczewen drei Töchter.

Im ‚Dritten Reich‘, das er von seinem feudalistisch-monarchistischen Standpunkt aus ablehnt, bleibt er lange Zeit noch Erfolgsautor. Als Exponent national-konservativen Widerstands geht Friedrich Reck-Malleczewen wie Werner Bergengruen oder Gertrud von le Fort in die „innere Emigration“. Seine Opposition bringt er unmissverständlich in dem zwischen 1936 bis 1944 geschriebenen, auf Poing unter Äckern vergrabenen Tagebuch eines Verzweifelten (postum 1947) zum Ausdruck. Es ist das bekannteste Werk Reck-Malleczewens und gehört zu den erschütterndsten Dokumenten während der NS-Zeit. In dem als historische Studie getarnten Schlüsselroman Bockelson – Geschichte eines Massenwahns von 1937 beschreibt er darüber hinaus den Niedergang der ständisch konservativen Stadt Münster im Zuge der Sekten-Diktatur der Wiedertäufer unter ihrem Anführer Jan Bockelson zwischen 1534 und 1535.

Am 29. Dezember 1944 wird Reck-Malleczewen in Poing verhaftet und von der Gestapo nach München gebracht – wegen „Verunglimpfung der deutschen Währung“ sowie staatsabträglicher Äußerungen ist er vom Direktor des Münchner Verlags Knorr & Hirth, Alfred Salat, denunziert worden. Reck-Malleczewen wird schließlich am 9. Januar 1945 ins Konzentrationslager Dachau überführt; wenige Wochen darauf, am 16. bzw. 17. Februar 1945 stirbt er, wahrscheinlich an Fleckfieber (nach Aussage seines Nachlassverwalters Curt Thesing am 24. Februar 1945 durch Genickschuss).

2014 bekommen Friedrich Reck-Malleczewen und seine Frau Irmgard postum den Ehrentitel „Gerechte unter den Völkern“ von der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem verliehen.

Verfasst von: Dr. Peter Czoik

Sekundärliteratur:

Friedrich Reck: Tagebuch eines Verzweifelten. Mit einem biographischen Essay von Christine Zeile. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 1994, S. 252ff.

Ebert, Helmut; Hasselwander, Thomas (1992): Schwadroneur, Excentriker, Polemiker und Opfer: Reck-Malleczewen. In: Pasinger Archiv, S. 20-32.

Füssl, Karl (2004): Friedrich Reck-Malleczewen (11.8.1884 – 16.2.1945). Konservativer Revolutionär. In: Schweiggert, Alfons; Macher, Hannes S. (Hg.): Autoren und Autorinnen in Bayern. 20. Jahrhundert. Bayerland Verlag, Dachau, S. 117f.

Reichert, Carl-Ludwig: Reck-Malleczewen, Fritz. In: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 233, http://www.deutsche-biographie.de/pnd118598821.html, (08.08.2011).


Externe Links:

Literatur von Friedrich Reck-Malleczewen im BVB

Literatur über Friedrich Reck-Malleczewen im BVB

Artikel bei Spiegel Online

Werner Bergengruen