Erfolgreiche Stammtischrecherche

Die Anthologie Tatort Oberpfalz (2013) verspricht „mörderische Spannung und jede Menge Oberpfälzer Lebensart“ in den 10 Kriminalgeschichten, die angesiedelt sind in und zwischen den Schauplätzen Regensburg, Neumarkt, Fichtelgebirge und tschechischer Grenze.

Heribert Meier, der Protagonist in Norman Dankerls Kriminalgeschichte Grab ohne Leiche, ist Journalist und profitiert offensichtlich von den Erfahrungen seines Schöpfers: Roman Dankerl übte diesen Beruf 30 Jahre lang aus, einige Zeit als Lokalchef der Mittelbayerischen Zeitung in Amberg. „Er war ein alter Hase im Zeitungsgeschäft und wusste, dass der beste Ort für Infos das Wirtshaus, respektive der Stammtisch ist.“ (Tatort Oberpfalz. 10 Kriminalgeschichten. ars vivendi verlag, Cadolzburg 2013, S. 51)

Die Kriminalstory beginnt damit, dass Heribert Meier hast gerade seinen Artikel über das Oberpfälzer Blasmusiktreffen fertiggestellt und sich auf den Weg in die „Krone“ machen will, das Wirtshaus, in dem sich seine Kollegen vom Amberger Morgen zum Schafkopfen treffen. Bevor er seinen Computer ausschaltet, entdeckt er eine Agenturmeldung, die ihn aufhorchen lässt: „Vilsburger Rechtsanwalt an der Costa da Morte verunglückt. Von der Ehefrau fehlt jede Spur.“

Vilsburg war eine Kleinstadt im Landkreis mit einer Burgruine, einem Schützenverein, Kleintier- und Taubenzüchtern und einer rührigen Faschingsgesellschaft. Meier war hin- und hergerissen. Sollte er die Meldung übernehmen, eventuell konkretisieren, um sie noch im Blatt zu haben? Es war Freitagabend. Möglicherweise waren die Kollegen von der Konkurrenz auch darauf gestoßen, wenn nicht, dann hätte er die Geschichte exklusiv!    

(Ebda., S. 44)

Heribert Meier fängt sofort an mit der Recherche und ruft den Bürgermeister von Vilsburg an, um Näheres zu erfahren. Dieser will sich  um die Angelegenheit kümmern. Die Informationswege sind kurz – man kennt sich in der Provinz. Nach zwanzig Minuten ruft er zurück und liefert Details aus dem Leben der Verunglückten. Der Anwalt habe vor kurzem „mit großem Brimborium“ seinen 50. Geburtstag gefeiert, sei Mitglied im Elferrat der Faschingsgesellschaft „Humor“ geworden, während seine Frau, eine Physiotherapeutin, sich im Frauenbund engagiere. Heribert Meier vervollständigt seinen Artikel mit den neuen Erkenntnissen, doch damit nicht genug: Irgendetwas an dem Fall erregt sein Interesse. Er weiß, wo er sich umhören muss, um mehr zu erfahren: im Hinterzimmer von „Uwes Weinladl“.

Offiziell hatte der Laden für heute schon geschlossen. Das Séparée war nur für besonders gute Kunden und Freunde gedacht. Auch der eine oder andere Stadtrat ließ sich blicken, und so war der Treff für Meier nebenbei eine gute Informationsquelle, vor allem, wenn die Gäste bereits einen in der Krone hatten.

(Ebda., S. 45ff.)

Warum er sich so sehr für den Fall interessiert, einen „Jagdinstinkt“ entwickelt und einen Teil der Polizeiarbeit übernimmt, ist Heribert Meier nicht klar. Doch letztlich sind es seine Spürnase, seine Phantasie und sein gut funktionierendes Netzwerk, die entscheidend zur Aufklärung des Falles beitragen.

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Gunna Wendt

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