Todesengel

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Rudolph Moshammer im Juli 1999 (Bayerische Staatsbibliothek/Timpe)

Der Mord an Rudolph Moshammer im Januar 2005 erregt großes Aufsehen, weit über Münchens Grenzen hinaus. Dabei ist der Modeschöpfer vor allem eine Münchner Institution: reich, berühmt, exzentrisch. Sein Engagement für Obdachlose ist ebenso stadtbekannt wie sein Rolls Royce und seine Terrierhündin Daisy. Am Morgen des 14. Januar wird Moshammer von seinem Chauffeur Andreas Kaplan tot in seiner Grünwalder Villa aufgefunden. Kurz vorher hat Moshammer sein Testament zu Gunsten Kaplans geändert, der nun kurzzeitig unter Verdacht gerät. Parallelen zu einem anderen spektakulären Münchner Mordfall scheinen unübersehbar: 15 Jahre zuvor war der Volksschauspieler Walter Sedlmayr ermordet worden, der genau wie Moshammer in der Schwulenszene verkehrte. Nachdem es anfangs so gut wie keine Anhaltspunkte gibt, kann die Münchner Kriminalpolizei innerhalb von nur zwei Tagen den Täter ermitteln und somit einen ihrer größten Fahndungserfolge erzielen. Es handelt sich um einen 25-jährigen irakischen Asylbewerber, den Moshammer in der Tatnacht mit nach Hause genommen hat.

Mein Todesengel, dieses Auto. Ich halte Ausschau, wo denn? Was denn? Wo finde ich meinen Mörder? Ich muß ihn suchen. Andere haben ihn auch schon gefunden, ohne gesucht zu haben, den Namenlosen, der sie beendet. Nein, den Namen hab ich mir nicht gemerkt, war nicht nötig. Wahrscheinlich wußte ich ihn gar nicht. Dafür war keine Zeit. Ein seltsamer, fremder Name, glaube ich zumindest. Ich habe nicht gefragt, mich nur an das Aussehen gehalten, obwohl ich fremde Worte hübsch finde. Ich denke oft an herrliche Dinge, deren Herr ich war, die ich mit mir und anderen erlebte.

(Elfriede Jelinek: Die Straße. Die Stadt. Der Überfall. URL: http://www.a-e-m-gmbh.com/ej/fstrasse.htm, 20.03.2014)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Gunna Wendt