Friedrich von Bodenstedt in Linderhof

Friedrich von Bodenstedt begleitet seinen obersten Dienstherrn und Mäzen Maximilian II. vom 20. Juni bis 27. Juli 1858 auf einer Reise vom Bodensee entlang des bayerischen Hochlandes bis nach Berchtesgaden. Mit dabei sind u.a. Franz von Kobell, Ludwig von der Tann sowie der Kulturhistoriker Wilhelm Heinrich Riehl. In einem Reisebericht hält Bodenstedt auch eine Reise nach Linderhof in Richtung Plansee fest:

Ganz  durchnässt kamen wir im Linderhof, einer königlichen Schwaige am Fuße des Brunnenkopfs an, wo ein Wagen uns erwartete. Da jedoch der Regen inzwischen nachgelassen hatte, ein frischer Wind die Wolken zerteilte und sogar einige Sonnenstrahlen sich hervorwagten, so zog der König vor, noch eine Strecke Weges zu Fuß zu wandern, denn es war uns beim raschen Niedersteigen vom Berge sehr warm geworden, und das Fahren in diesem Zustande mit den nassen Kleidern hätte leicht eine lahmende Erkältung herbeiführen können. So schritten wir denn rüstig vorwärts, bis mit Hilfe des trocknenden Windes eine gewisse Ausgleichung zwischen dem inneren und äußeren Menschen hergestellt war. Dann bestiegen wir den uns folgenden Wagen und erreichten bald den Plansee, den zweitgrößten See Tirols. Teilweise mochte der graue Himmel und der Nebel, welche hie und da die Berge umspannen, schuld daran sein, aber überhaupt machte das Ganze auf mich nicht den großartigen Eindruck, welchen ich nach verschiedenen Schilderungen davon erwartet hatte. Eine enge, wahrscheinlich durch Wassergewalt gebildete Schlucht, durch welche ein mäßiger Bach fließt, führt zwischen fantastischen Vorsprüngen und Aushöhlungen der Felswände hindurch erst zu dem kleinen Plansee, hinter welchem sich dann der größere in trostloser Weite und Öde ausdehnt, von ebenso trostlos öden Bergen umstarrt. Das Wasser ist überall lebendig, aber diese große Wasserfläche sieht so trübselig und lebensmüde aus, als ob sie gar keine Lust mehr verspürte, sich atmend zu regen. Wir verweilten ziemlich lange am Plansee, wo die übrigen Herren der Gesellschaft schon eine Stunde vor uns eingetroffen waren, und ich strengte meine Augen an, dem dunklen Wasser und den dunklen Bergmassen, die es einschließen, einen anderen Reiz abzugewinnen als den einer düster-feierlichen, grabesöden Einsamkeit. (Zit. aus: Friedrich Bodenstedt: Eines Königs Reise. Erinnerungsblätter an König Max. München 1885, S. 66-76.)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek

Sekundärliteratur:

Tworek, Elisabeth (2011): Literarische Sommerfrische. Künstler und Schriftsteller im Alpenvorland. Ein Lesebuch. Allitera Verlag, München, S. 138f., S. 247f.