Georg Queri: Kriegsbüchl aus dem Westen

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Kriegsbüchl aus dem Westen, Erstausgabe 1915. In der ersten Auflage steht auf dem von einem unbekannten Künstler gestalteten Buchumschlag noch der fehlerhafte Titel „Kriegsbüchel“.

Noch in Metz erhält Georg Queri vom Berliner Redakteur Hanns von Zobeltitz ein Angebotsschreiben, für den Verlag Velhagen und Klasing „ein hübsches kleines Bändchen“ mit seinen Kriegsgeschichten zu veröffentlichen. Schnell sichert Queri für das gebotene Honorar von 800 Mark (bei Ablieferung des Manuskripts) zu; das Buch erscheint dann im März 1915 als erster Band einer neuen Reihe unter dem Titel „Aus den Tagen des großen Krieges“.

Queris Kriegsbuch, das Kriegsbüchl aus dem Westen, ist in fünf Kapitel gegliedert: „Anno Elf und Zwölf“, „Mobilmachung“, „Dinge am Kriegsrand“, „Versbüchl“ und „Der Heilige Krieg. Angewandte Koranverse“.

In „Anno Elf und Zwölf“ sind drei kleine Stammtischkomödien zusammengefasst, die alle noch in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg spielen, den bevorstehenden Krieg aber schon erahnen lassen. Also ein Kriegsgespräch nimmt Bezug auf die Marokkokrise des Jahres 1911, die heute als Beginn des Weges in den Ersten Weltkrieg gewertet werden kann. Danach schließt sich die Bauernkomödie Der Balkankrieg an mit der Voraussage des „Weltkriags“ durch einen der Stammtischbrüder (DER MOAR: „Und was nachat? Na geht der Weltkriag an!“). Anno Zwölf im Juni: Der Zeppelin kehrt von Berlin zurück umkreist die technisch-militärische Nutzung der zivilen Luftschifffahrt für den Krieg.

In dem kürzeren Abschnitt „Mobilmachung“ sind die Beobachtungen Queris aus den ersten Wochen des Weltkriegs wiedergegeben. Von den insgesamt sechs kleinen Skizzen sind besonders Brunnenvergiftung und Die Spione hervorzuheben, zumal sie die anfängliche Hysterie in München gegenüber vermeintlichen Feinden darstellen.

Das dritte Kapitel „Dinge am Kriegsrand“ ist der eigentliche Hauptteil des Buches und beschäftigt sich in 78 meist anekdotischen Geschichten mit den Beobachtungen und Erfahrungen Queris an der Westfront in Lothringen. Viele der Geschichten erschweren eine unbefangene Lektüre durch ihren einseitigen Patriotismus (Ein deutsches Lied, Dann ein französischesVon deutschen Greueln, Vom guten deutschen KerlBarbarentaten, Ein alter Maire und eine alte Mär) und verunglimpfen den französischen Soldaten immer wieder, indem sie nur ihn, den Durchschnittssoldaten „le p'tit Piou-Piou“, zum Chauvinisten machen (Ein Franzosenbub wächst auf zum Chauvinisten bis Stilübungen des Herrn Gustave David zu Havre). Anders dagegen fallen Queris mitunter lustige Würdigungen von kleinen und großen französischen Tieren (Die Malefizgeiß, Ein Kapitelchen vom Hund, Lina, die gute Kuh aus Frankreich, La punaise...) und seine heute noch lesenswerten Gedanken über die französische Sprache aus (Schnelle Sprachhilfe für den deutschen Soldaten).  

„Versbüchl“ enthält 13 Kriegslieder, die Queri auch schon, teils mit veränderten Überschriften, in der Zeitschrift Jugend unter dem Titel Unfrisierte Kriegslieder (1914, Nr. 49 bis 1915, Nr. 3) und in den „Kriegsflugblättern“, dem Beiblatt zur Liller Kriegszeitung vom 15. März 1915, veröffentlichen ließ.

„Der Heilige Krieg. Angewandte Koranverse“ ist das letzte und wohl eigenartigste Kapitel in Queris Kriegsbüchl. In einer adaptierten Sprache der Koranverse werden hier die Standhaften vom Propheten zum Kampf gegen die „gebietenden Stämme“ aufgerufen, die an allem schuld sind und deren Ende ewig und einzig die Hölle („Dschehannam“) ist. Der Herausgeber von Queris Buch Michael Stephan schreibt dazu: „Dieser Schluss des Kriegsbüchls aus dem Westen sollte wohl den Soldaten, die tatsächlich in den Schützengräben die Hölle auf Erden erlebten, den zweifelhaften Trost auf zukünftige Aufnahme ins Paradies vermitteln sowie die Genugtuung, dass auf die eigentlichen Verursacher des Kriegs die Hölle wartet.“ (Georg Queri: Kriegsbüchl aus dem Westen, S. 185)

(Ebda., S. 181-186)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Peter Czoik