Antonios Sigalas über München II

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Die Propyläen und die Glyptothek (Verlag und Bildarchiv Sebastian Winkler)

Isar-Athen kann nur von dem Königsplatz den Namen erhalten haben, denn hier ist so viel Griechisches zusammengedrängt, dass man unwillkürlich nach Athen sich versetzt fühlt. Noch mehr gerührt wird das Herz eines Neugriechen, der an diesen Stätten steht, wenn er die auf den inneren Wänden der Propyläen sich befindenden Namen liest. Sind sie ja alle aus der Geschichte der Freiheitskämpfe der Neugriechen entnommen, die jedem Hellenen so nahe stehen. Namen wie Rhigas, Ferraios, Byron, Hieros Lochos usw. kann ein Neugrieche in der Fremde auf fremden Gebäuden nicht lesen, ohne dass die Tränen ihm in die Augen kommen ... Auf der Rückkehr betrachtete ich den Obelisk am Karolinenplatz und konnte damals als Grieche nicht verstehen, wie 30 000 tapfere Bayern fast freiwillig für fremde Sache ihr Leben in Russland lassen konnten.



Viel später erst sah ich das Schönste für ein griechisches Herz in der Fremde: die Bilderdarstellungen in den Arkaden im Hofgarten. Ich sage das Schönste für einen Neugriechen, weil uns Neugriechen die Freiheitskämpfe regen die Türken viel, viel näher stehen als das alte Griechenland. Es sind 39 Bilder, die mit dem begeisterten Freiheitsdichter Rhigas beginnen und bis zur Landung König Ottos in Nauplia reichen ... Weißt Du, was das heißt, in der Fremde und durch die Fremden aufmerksam gemacht zu werden auf die eigene Geschichte?

Antonios Sigalas, Erinnerungen, 1910 (Zit. aus: Antonios Sigalas. In: Anton Mayer-Pfannhok: Deutsches Alpenland. Ein Heimatbuch. Leipzig 1937, S. 241f.)

 

Antonios Sigalas, griechischer Schriftsteller; Lebensdaten und Aufenthalt in München: unbekannt

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek