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Plakat zur Ausstellung "Evas Töchter. Münchner Schriftstellerinnen und die moderne Frauenbewegung 1894-1933" (2018)

München, Restaurant Eckel, Burgstraße 2

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Junemannsche Weinhandlung, Postkarte vom 11. März 1900 (c) Ingvild Richardsen

Das Restaurant Eckel in der Burgstraße 17 ist seit 1895 ein wichtiger Treffpunkt der 1894 in München gegründeten Gesellschaft zur Förderung geistiger Interessen der Frau, dem späteren Verein für Fraueninteressen (1899). Tatsächlich ist das Restaurant Eckel seit 1895 das Stammlokal des Vereins für Fraueninteressen in den ersten Jahren seines Bestehens. Das Haus, nur wenige Schritte vom Marienplatz entfernt, steht noch heute. Allerdings trägt es jetzt die Hausnummer 2. Lange befand sich hier die zum Kaufhaus Beck gehörende Buchhandlung Dichtung und Wahrheit.

Die Mitgliederabende, zu denen die Frauen sich seit 1895 jeden Donnerstag versammeln, werden in einem reservierten Raum des Restaurants Eckel in der Burgstraße 17 abgehalten und sollen auch der rhetorischen Schulung der Frauenrechtlerinnen dienen:

und so findet sich jeden Donnerstag Abend um 8 Uhr in einem reservierten Zimmer des Restaurants Eckel (Burgstr. 17) ein Kreis von 20-30 Mitgliedern zu regem Meinungsaustausch zusammen. Den Vorsitz führt allemal ein Mitglied des Vorstandes nach alphabetischer Reihenfolge. Pünktlich um halb 9 beginnt der Vortrag, an den sich, je nach Thema und Stimmung, eine kürzere oder längere Debatte anzuschließen pflegt. Die Ungezwungenheit eines so kleinen und naturgemäß vertrauten Kreises wirkt ungemein anregend und ermutigend auf die Neigung zum Diskutieren und zum Hervortreten mit eigenen Ansichten, und so werden diese intimeren Abende aufs beste ihrer doppelten Bestimmung gerecht: erstens jedem Mitgliede, sich zu einer tüchtigen Vertreterin der Frauensache zu schulen, die gerüstet ist, überall dem Vorurteil, der Gleichgiltigkeit oder gar Feindseligkeit gegen unsere Bestrebungen schlagfertig, besonnen und mit genügender Sachkenntnis entgegenzutreten, zweitens aber ein kameradschaftliches Verhältnis der Mitglieder untereinander anzubahnen und jene edle Art der Geselligkeit zu pflegen, die auf der Gemeinsamkeit geistiger Interessen beruht. Diese frühere Geselligkeit hat unter Frauen im Allgemeinen bisher gefehlt. Sie muß aber einen der notwendigsten Bestandteile einer Bewegung bilden, die darauf ausgeht, dem weiblichen Geschlechte mehr und mehr seine eigenen, lange verschütteten geistigen Hilfskräfte zu erschließen und das Frauenleben wahrhaft zu bereichern.

Doch im Cafe Eckel treffen sich nicht nur die emanzipierten modernen Frauen Münchens, sondern in einem weiteren Raum befindet sich die Junemannsche Weinhandlung, in der sich die Mitglieder der literarischen Gesellschaft der Zwanglosen treffen, die bereits 1837 in der Junemannschen Weinhandlung gegründet wurde.

Auch der Dichter und Professor für Volkswirtschaft Max Haushofer, der Freund der Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Emma Merk, ist hier Mitglied. Von 1891 bis 1900 ist er auch der Direktor der Gesellschaft und der Begründer der Chronik derselben. Die Zwanglose Gesellschaft trifft sich seinerzeit immer am Mittwoch in der Junemannschen Weinhandlung. Am Dreikönigstag 1892 hält Max Haushofer in der Gesellschaft den Vortrag Die zehn Gebote der Zwanglosen. In einem Versgedicht erlegt er den Mitgliedern der Zwanglosen Gesellschaft hier 10 Verhaltensregeln auf, die er jeweils humorvoll in Versen ausführt.

 


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Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Ingvild Richardsen

Sekundärliteratur:

Gesellschaft zur Förderung geistiger Interessen der Frau: Bericht über die zweite Generalversammlung (1896), S. 2f. Archiv des Vereins für Fraueninteressen.

Richardsen, Ingvild (2018): Max Haushofer. In: Evas Töchter. Münchner Schriftstellerinnen und die moderne Frauenbewegung. 1894-1933. Volk Verlag, München.