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Äbtissin Magdalena Haidenbucher (Amtszeit: 1609-1650). Foto: Ingvild Richardsen.

Äbtissinnengang

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Foto: Ingvild Richardsen

Angefangen mit der Königstochter Irmingard weist das Kloster und ehemalige „königliche Damenstift“ eine Liste eindrucksvoller Äbtissinnen auf. Aus bedeutenden Familien stammend, waren sie meist hochgebildet und haben großen Unternehmerinnen gleich die Besitztümer des Klosters verwaltet und geschickt vermehrt. Bewundern kann man Frauenchiemsees Äbtissinnen bis heute auf Porträts im eindrucksvollen „Äbtissinnengang“. Die Bezeichnung rührt von daher, dass sich hier Bildnisse aller Äbtissinnen von Frauenwörth befinden, angefangen von Irmingard bis zur Gegenwart. Bis 1891 hingen die Bildnisse noch im Osttrakt des Klosters. Die erste Ahnengalerie der Äbtissinnen von Frauenwörth mit insgesamt 36 Bildern auf sechs Holztafeln entstand 1607 bis 1608. Auftraggeberin war die Äbtissin Sabina Preyndorfer (1582-1609). Ergänzt wurde die Reihe später durch 10 Bildnisse der Äbtissinnen des 17. und 18. Jahrhunderts und mit fünf Porträts des 20. Jahrhunderts dann noch bis in die Gegenwart weitergeführt.

Jedem Porträt ist eine Inschrift beigegeben, die die jeweilige Äbtissin mit Name, Herkunft und Wappen präsentiert. Wie kam es dazu?

Zum Nachweis altehrwürdiger Tradition wurde es im 16. Jahrhundert im Sinne des Humanismus üblich, dass sich Institutionen von Rang eine Zusammenstellung von Namen ihrer Würdenträger oder Porträts anfertigen ließen. Die Administratorin Margaretha Leitgeb tat dem genüge, indem sie damals alle Konventmitglieder von Frauenchiemsee, die man in Totenbüchern und sonstigen alten Büchern gefunden hatte, 1574 auf einer halbrunden Holztafel aufschreiben ließ. Ergänzend dazu zeichnete ließ sie auf zwei weiteren Inschrifttafeln die Geschichte des Klosters von der Gründung bis 1573 aufschreiben.

Es war wieder die Äbtissin Magdalena Haidenbucher, die dann in ihrer Amtszeit seit 1609 alle Vorsteherinnen des Stifts und Klosters auf einer halbrunden Holztafel festhielt. Später entstanden noch weitere Tafeln, die die Geschichte des Klosters von der Säkularisation 1803 bis zum Jahr 1938 und schließlich die Seligsprechung der Hl. Irmingard 1928 schildern. Anweisungen zu ihrer Verehrung wurden wiederum in einer weiteren Tafel gegeben.

Edition des Tagebuchs der Magdalena Haidenbucher nach dem Autograph, hg. von Gerhard Stalla (1988).

Viele Frauenchiemseer Äbtissinnen haben während ihrer Amtszeit ein Tagebuch geführt. Von besonderer Bedeutung sind die Tagebücher von Magdalena Auer (1476-1494), Magdalena Pfäffinger (1494-1528) und Magdalena Haidenbucher, da sich aus ihnen die Abläufe des damaligen Klosteralltages und wichtige historische Geschehnisse auf Frauenchiemsee und am Chiemsee rekonstruieren lassen. Herausragend dabei ist das Tagebuch der Magdalena Haidenbucher. Über 30 Jahre hat sie während der Zeit als der Dreißigjährige Krieg tobte, die Ereignisse und Zustände auf der Fraueninsel geschildert. Ihre Aufzeichnungen sind in der Handschrift Cgm 1767 der Bayerischen Staatsbibliothek überliefert. 1982 ist das Tagebuch erstmals nach dem Autograph herausgegeben und kommentiert worden. Einen Höhepunkt ihrer Aufzeichnungen bildet sicherlich die Schilderung über die Grabeserhebung und Translatio der Hl. Irmingard im Oktober 1631. Bevor es dazu kam, musste man nämlich erst nach der Grablege suchen, um nachzusehen, ob und was man dort überhaupt noch finden würde. Um einen Eindruck der damaligen deutschen Schriftsprache zu vermitteln, seien einige Sätze aus dem Tagebuch wiedergegeben. Als man bei der Suche dann endlich auf den mit einer Steinplatte besetzten Marmorsarkophag stieß, berichtete die Äbtissin, was man beim Suchen fand:

bey dem haupt ein orth vnnd loch angedrofen. durch wölches man gesechen, dz d' ganze Sellige Corpues. (So bey 700 vnd 3j Jar vergraben gelögen. vnuer wösen vnd vnuer ztört.) die gebain will ich sagen vnd an deitten,/ gefundten vnd gesechen ganz an ein and'. Eben disen dag. dz disem allso Seij, ist die gl frau Sampt dem ganzen Conuent. mit brieten liechtern.zu sechen doch in d' verschlossenen khirchen verlaubt worden. alldort Jr gebett.zu die=mietiger schuldigkhait auf zu opfern. Den Morgigen dag hinach. hat man dz grab wid' zu gemacht. (Stalla, S. 76)

Haidenbuchers Tagebuch stellt ein wichtiges Dokument Frauenchiemseer Kloster- und Ordensgeschichte dar. Ihrem Tagebuch stellte sie den Wahlspruch „Fiat Voluntas Dominy“ voran, d.h.: „Es geschehe der Wille des Herrn“. Der von der Äbtissin gewählte Titel Geschichtbuch, legt nahe, dass sie mit ihren Niederschriften die Ereignisse des Klosterlebens und Begebenheiten auf Frauenchiemsee ganz gezielt festhalten wollte. Die Einträge über Steuern und Abgaben, Jubiläen und Visitationen, über bauliche Veränderungen, Wetter und Witterung und eingehende Nachrichten über den Kriegsstand vermitteln ein lebendiges Bild über die Zeit im Dreißigjährigen Krieg.


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Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Ingvild Richardsen

Sekundärliteratur:

Bomhard, Peter von; Brugger, Walter: Bau- und Kunstgeschichte des Klosters Frauenchiemsee, S. 521-612, hier: Das Kloster der Benediktinerinnen. Äbtissinnengang, S. 574f.

Quellen:

Bibliothek der Benediktinerinnenabtei Frauenchiemsee; Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner. Hg. von Bernhard Fabian. Olms Neue Medien, Hildesheim 2003.

Maria Magdalena Haidenbucher: Geschicht Buech de Anno 1609 biß 1650. Das Tagebuch der Äbtissin von Frauenwörth. Nach dem Autograph herausgegeben mit Anmerkungen, Nachwort, Registern versehen von Gerhard Stalla (Geistliche Literatur der Barockzeit, 11). Amsterdam & Maarsen 1988, S. 78f.