Hotel Leinfelder

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(c) Stadtarchiv München

Das 1853 eröffnete Hotel Leinfelder am heutigen Lenbachplatz war viermal Aufenthaltsort für Karl May und sein(e) Frau(en). Vom 29. bis 31. Juli 1900 stiegen die miteinander befreundeten Ehepaare Karl und Emma May mit Richard und Klara Plöhn im Leinfelder ab, als sie von der seit März 1899 andauernden Orientreise zurückkehrten, von der Karl May die erste Hälfte allein bestritten hatte. Ägypten, Sudan, das Heilige Land, Ceylon und Sumatra waren wichtige Stationen. Auch aus dem Orient hielt May Kontakt zu München. Er sandte Dutzende Postkarten an bayerische Prinzen und Herzöge, die ihn vor der Abreise darum bitten ließen. Nicht der strahlende Held Kara Ben Nemsi oder Old Shatterhand kam wieder, sondern ein desillusionierter Schriftsteller, den die Diskrepanz zwischen seinen Traumwelten und der Realität im Orient psychisch schwer belastete.

May sah sich ab der Jahrhundertwende mit weiteren, schwerwiegenden Problemen konfrontiert. Sowohl die massiven Eheprobleme als auch vielfältige publizistische Attacken, die ihn aufgrund seiner „Old Shatterhand Legende“, seiner Vorstrafen und vermeintlichen Unsittlichkeiten in seinen Kolportageromanen (u.a. Der Weg zum Glück) zu den zahlreichen sog. „Karl May Prozessen“ führten, setzten ihm nachhaltig zu.

Im Sommer 1902 reisten die Mays wieder durch Deutschland. Diesmal zu dritt, da die mittlerweile verwitwete Klara Plöhn sie begleitete. Im Leinfelder trafen sie am 22. August ein, wo sie drei Zimmer anmieteten. Die aneinandergrenzenden bezogen Karl May und Klara Plöhn, das am anderen Ende des Ganges gelegene Emma May. In München kam es zum endgültigen Bruch zwischen den Eheleuten. Alle drei verließen München am 27. August in Richtung Südtirol. Karl May und Klara Plöhn heirateten 1903 und besuchten München vom 11. September bis ca. 19. September 1907 wiederum mit Unterkunft im Leinfelder.

Diesmal war es kein Erholungsaufenthalt. Vielmehr verdichteten sich in dieser Woche einige zentrale Aspekte im Leben des Autors. May sprach sich hier mit dem Publizisten und scharfen Kritiker Carl Muth aus, der u.a. den Artikel „Ein entlarvter Jugendschriftsteller“ über den Dichter in der Wiener Die Zeit veröffentlicht hatte.

Neben Begegnungen mit Freunden und wohlgesonnenen Journalisten war die Zusammenkunft mit Otto Denk bemerkenswert, der als Redakteur beim „Deutschen Hausschatz“ im Regensburger Pustet Verlag arbeitete. Die größte Anzahl der Reiseerzählungen Karl Mays erschien in dieser Wochenzeitung von 1878 an, bis es 1898 zu einem Abbruch der Zusammenarbeit kam. Der Deutsche Hausschatz war maßgeblich am Aufstieg Mays und an der „Old Shatterhand Legende“ beteiligt. Der Erfolg der Zeitung wiederum war Mays Wirken zu verdanken. Den Auflageneinbruch versuchte man mit einer erneuten Kooperation umzukehren. Die Verhandlungen im Leinfelder verliefen erfolgreich und bereits im November 1907 erschien der Beginn von Der Mir von Dschinnistan, der in der späteren Buchfassung Ardistan und Dschinnistan Mays bedeutendstes Alterswerk wurde.

Der letzte Aufenthalt von Karl und Klara May in München erstreckte sich vom 10. bis 12. Dezember 1909. Von ihrer Unterkunft im Leinfelder aus begaben sie sich zu zwei Audienzen im Wittelsbacher Palais bei der Familie von Prinz Ludwig von Bayern (dem späteren König Ludwig III.). Das Hotel „ersten Ranges“ wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Heute steht an seiner Stelle direkt neben dem Künstlerhaus ein typischer Nachkriegsbau.

 


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Sekundärliteratur:

Schnürch, Wieland (Hg.) (2022): Karl May und München. Bamberg.

Sudhoff, Dieter; Steinmetz, Hans-Dieter (2005): Karl-May-Chronik. Bd. III. Bamberg.


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