Hotel Trefler

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Karl May und seine Frau Emma unternahmen vom 10. Mai bis 15. Juli 1897 eine große „Vergnügungsreise“ durch Deutschland und Österreich, die vor allem dem Besuch von Freunden, Geschäftspartnern und den Lesern galt. Nach Aufenthalten im nördlichen Deutschland erreichte das Ehepaar über Tirol am 4. Juli 1897 München mit der Bahn. Am darauffolgenden Tag war in einer Anzeige in den Münchner Neuesten Nachrichten zu lesen, dass „Herr Dr. Karl May (Old Shatterhand) der berühmte Weltreisende und Schriftsteller“, im Hotel Trefler in der Sonnenstraße abgestiegen und dort „nur nach vorheriger Anmeldung per Postkarte, für seine Leserinnen und Leser zu sprechen“ sei. Unterzeichnet war die Annonce mit „Mehrere seiner Verehrer“.

Ob mit oder ohne Anmeldung – Karl Mays Leser kamen zahlreich. May berichtete darüber: „Erster Tag: über 900 Besuche, zweiter Tag über 600 dritter wieder über 800. Bin gegen Abend zur Seitenthür hinaus entflohen. Dann standen die Gymnasiasten ... in solchen Massen vor dem Hotel Trefler, daß die Tramway nicht hindurchkonnte und der Portier sie mit dem Schlauch auseinanderspritzen mußte.“

„Während ich hunderte von Lesern (hohe Offiziere, Grafen, Barone mit ihren Squaws bis herunter zum Arbeiter) im Saale hatte, mußte ich alle zehn Minuten auf den Balkon treten, um mich der unten stehenden Menge zu zeigen.“ Und: „Die Zeitungen sagten, selbst der Prinzregent habe in München nie so ein Aufsehen erregt wie May.“

Karl May neigte zu Übertreibungen. Seine Ausführungen zu den Audienzen wurden aber weitestgehend von einem Reporter des Bayrischen Kurier bestätigt, der auch berichtete, was dort geschah: „Dr. May, der bekanntlich alle 5 Weltteile bereist, schilderte Nachmittags ... Episoden aus seinen Reisen, verlas chinesische Texte und stand Rede und Antwort ... So theilte er mit, er werde heuer im Herbste von Dresden aus seine 22. Reise und zwar nach Nordamerika antreten ... und dann seine wunderbare Henry-Repetierbüchse mit der er ... 100 Schüsse per Minute abzugeben vermag, ohne dass der Lauf heiß wird, dem deutschen Kaiser für Militärzwecke zur Verfügung zu stellen.“ Es gab einige wenige kritische Augenzeugenberichte, die Mays Auftritte als geradezu peinlich empfanden. Diese wurden allerdings erst Jahre später, nach der Demaskierung „Old Shatterhands“, verfasst. Die große Mehrheit war begeistert von ihrem Helden.

Am 10. Juli 1897 verließen die Mays München in Richtung Regensburg. Im Februar 1898 starteten sie eine erneute Rundreise, die sie über Berlin, Prag, Wien und Linz am 24. März erneut ins Hotel Trefler führte. Die Ankunft des Weltreisenden wurde diesmal durch Plakate bekannt gemacht. Erneut strömten die Verehrer. Drei Tage lang hielt Karl May Audienzen. Dabei wechselten größere im Saal des Hotels mit intimeren in einem eigens drapierten Zimmer ab. Die Old-Shatterhand-Inszenierung perfektionierte er zusehends. Zeugen erinnerten sich an „Panther- und Tigerfelle, Gewehre und Pfeilbündel“ sowie einen Schreibtisch mit Landkarten und Manuskripten. May habe seinen „Rock ausgezogen ... und ... wilde Wundnarben gezeigt, die er im Apachenfeldzug erhalten habe.“

„Solchen Zeichen gegenüber hätten alle Zweifel schweigen müssen, wenn wir solche noch gehabt hätten“, fasste ein Besucher das wirkungsvolle Gesamtkonzept zusammen. Am 29. März 1898 reisten die Eheleute nach Regensburg weiter, um sich neben Mays Lesern mit dem Verleger Pustet zu treffen.

Diese beiden München-Aufenthalte, sie stehen exemplarisch für den Höhepunkt der „Old Shatterhand Legende“, mit Karl Mays Wirksamkeit und seiner eigenen kommerziellen Vermarktung. Das „Hotel Trefler“ wurde 1904 verkauft und hieß bis zur Zerstörung durch Bomben im Zweiten Weltkrieg „Hotel Wagner“. Es lag an der Sonnenstraße zwischen Landwehrstraße und Schwanthalerstraße, Hausnr. 12-16.

 


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Sekundärliteratur:

Schnürch, Wieland (Hg.) (2022): Karl May und München. Bamberg.

Sudhoff, Dieter; Steinmetz, Hans-Dieter (2005): Karl-May-Chronik. Bd. II. Bamberg.


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