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Franziska zu Reventlow 1905 © Münchner Stadtmuseum, Fotomuseum

Georgenstr. 16 und 40: Malschule Anton Ažbé

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Damenakademie in der Türkenstraße 89 © Stadtarchiv München, Signatur DE-1992-FS-NL-PETT1-3

Mit 16 Jahren erhält Franziska zu Reventlow Zeichenunterricht, seither wünscht sich, malen zu können. Die Münchner Damenakademie ist im ganzen Reich bekannt: Einige Frauen aus dem Lübecker Kreis studieren dort, auch die später recht bekannte Anna Petersen (1871-1940). Ihr schreibt Franziska 1889:

... bitte lache mich nicht aus, liebe Anna, ich will nämlich Künstlerin werden, meine Lehrerin in Preetz hat mir gesagt, dass ich viel Talent zum Portraitieren hätte. – Ich habe aber entsetzliche Schwierigkeiten und Hindernisse vor mir; erstens finden meine Eltern all so was Unsinn und dann haben wir kein Geld. (zit. n. „Alles möchte ich immer“, S. 122)

1893 ist Franziska zu Reventlow mit dem Hamburger Walter Lübke (1861-1930) verlobt. Vor der Hochzeit finanziert er ihr ein halbes Jahr Unterricht in München, sie wohnt ab August in der Theresien- und in der Türkenstraße. Die Heldin ihres autobiografischen Romans Ellen Olestjerne arbeitet in einem Atelier mit fünf Malerinnen; ob das die nahegelegene Damenakademie ist und die reale Fanny dort studiert, ist nicht bekannt. Nach einem kurzen Versuch mit Bildhauerei besucht Reventlow die renommierte Schule des slowenischen Malers Anton Ažbe, anfangs mit großer Freude.

Und das Arbeiten in unserm großen kühlen Atelier, und dann wieder in die Sonne hinaus, den ganzen Tag sein eigner Herr sein, keinen Moment des Tages sich nach anderen richten zu müssen. So habe ich mir’s geträumt, das ist endlich die Luft, in der ich leben kann. (Ellen Olestjerne, S. 107)

Büste von Anton Azbé im Leopoldpark 2004. Foto: Adelheid Schmidt-Thomé

Ziemlich rasch wird Franziska zu Reventlow schwanger und heiratet im April 1894 Walter Lübke, ohne ihn über ihren Zustand zu informieren. Nach einer Fehlgeburt vier Wochen später bleibt sie ein Jahr in Hamburg. Es entstehen die Texte Wahnsinn und Meine Frau ist Malerin. Humoreske aus dem Eheleben, die die Beschäftigung mit der Malerei zum Thema haben. In Letzerem schildert sie in ironischer Überspitzung und mit Selbstironie, wie sehr die Malerin in ihre Kunst vertieft ist und alles andere darüber vergisst. Da beklagt sich ihr Mann:

Luise, Luise, du wirst uns noch alle ins Unglück stürzen [...] Du zündest uns das Haus über dem Kopf an. Du bist imstande, die Kinder in der Badewanne ertrinken zu lassen, oder sie auf andere Weise ums Leben zu bringen. Hast du nicht erst vorgestern dem Jungen einen ganzen Eßlöffel voll Glyzerin anstatt seiner Tropfen gegeben? Hätte es nicht ebensogut Gott weiß was für ein Gift sein können, das du aus Versehen in die Hand bekommst? (Werke 5, S. 63)

1895 kehrt Franziska zu Reventlow nach München zurück. Die Malerei bleibt lebenslang ihre Sehnsucht, aber fast immer ist anderes wichtiger als ein intensives Arbeiten: der Fasching, eine Reise, oder es fehlt das Geld oder die Motivation. Ein größeres Projekt unternimmt sie 1907: Sie bemalt Gläser auf antike Art und möchte sie verkaufen. Günther von Pechmann (1826-1905), der Leiter der Neuen Sammlung, unterstützt sie dabei und entwirft sogar einen Prospekt. Dennoch finden die Gläser kaum Abnehmer. Erich Mühsam erlebt das Desaster mit:

[...] ich habe kaum einen Menschen gekannt, der unaufhörlich vom Pech verfolgt war wie diese Frau, die wahrhaft jedes Glück verdient hätte, da sie die zur Genialität gesteigerte Fähigkeit besaß, Glück zu genießen und zu verwerten. (Namen, S. 150)

Reventlow versucht die Gläser im Kleinhesseloher See zu versenken, aber nicht einmal das gelingt, ein Parkwächter verhindert die Aktion.

Die Hausnummer 16 existiert nicht mehr. Für die Büste von Anton Ažbé laufen Sie durch den schmalen Durchgang neben Nummer 12 in den Leopoldpark, dort steht sie vor den Häusern. Für die nächste Station gehen Sie zurück in die Georgenstraße.

 


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Verfasst von: Monacensia im Hildebrandhaus / Adelheid Schmidt-Thomé