Herzogpark, Mauerkircherstraße 13

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Mauerkircherstraße 13 (2013) © Dirk Heißerer

Nach der Geburt des vierten Kindes, der kleinen Monika, wird die Wohnung der Manns im Haus Franz-Joseph-Straße 2/III zu klein; ein neues Domizil findet sich im damaligen Neubauviertel „Herzogpark“ an der Isar. Anfang Oktober 1910 geht es in zwei große, miteinander verbundene Wohnungen im Haus Mauerkircherstraße 13/II. Golo Mann hat in einem Brief an den Verfasser vom 30. März 1992 die Situation umrissen: „Das waren in Anbetracht der vier Kinder und drei ‚Mädchen’, zwei Wohnungen in einem Stockwerk, also mit zwei Türen, an die ich mich noch erinnern kann.“11

Etwas mehr als drei Jahre bis Ende 1913 bleiben die Manns in dieser Doppelwohnung. Über ihnen wohnt und arbeitet der Komponist Walter Courvoisier (1875-1931), und Thomas Mann erinnert sich 1917 anlässlich der Münchner Uraufführung von Courvoisiers Oper Lancelot und Elaine an die Zeiten, da diese „Musik in der Mauerkircherstraße über unseren Köpfen (entstand), und wir waren recht gerührt, die vertrauten Klänge wieder zu hören.“12

Eine der ersten Erinnerungen, die der 26-jährige Klaus Mann in seiner Autobiographie Kind dieser Zeit (1932) mitteilt, bezieht sich auf einen der beiden kleinen Balkone dieser Wohnung zur Straße hin. Klaus Mann hält fest, wie er sich einmal nachts mit seiner Schwester Erika „– Erika vielleicht sieben-, ich sechsjährig –“ auf den kleinen Balkon der Wohnung gesetzt habe. Der Morgen graut: „Unser Hausmädchen kam mit Federhütchen und Regenschirm die Straße herunter, von einem Bummel heimkehrend, zugleich angeregt und übermüdet. Sie ertappte uns auf dem Balkon, und wir wurden wieder ins Bett gesteckt.“13

In dieser Zeit zeigt sich ein besonderes Talent der kleinen Erika Mann. Sie konnte ausgezeichnet lügen, wie sie selbst in einem Rundfunkgespräch 1968 bekannt hat. Sie habe als Siebenjährige so sehr gelogen, dass ihr Vater sie zur Seite angenommen und ihr eindringlich ins Gewissen geredet habe: „Stell Dir bitte einmal vor, was passieren würde, wenn wir alle immerzu lögen. Wir könnten uns ja gegenseitig gar nichts mehr glauben, wir würden uns gegenseitig überhaupt nicht mehr zuhören, weil es ja viel zu langweilig wäre und es wäre gar kein Leben.“14 Auf das Lügen-Thema wird Erika Mann im Zusammenhang mit der Kritik am Faschismus in ihrem Kabarett Die Pfeffermühle noch zurückkommen (Station 8). Am Haus Mauerkircherstraße 13 erinnert eine Gedenktafel (Künstler: Joachim Jung) des Thomas-Mann-Forums München e.V. seit 2013 daran, dass hier auch die Novelle Der Tod in Venedig geschrieben wurde. 

Mauerkircherstraße 13. Gedenktafel für Der Tod in Venedig © Dirk Heißerer


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[11] Golo Mann, Brief an Dirk Heißerer, Kilchberg, 30.3.1922, zit. n.: Dirk Heißerer, Wo die Geister wandern. Literarische Spaziergänge durch Schwabing, München 2008, S. 106.

[12] Thomas Mann, Brief an Peter Pringsheim, München, 6.11.1917, in: Thomas Mann, Briefe 1889-1936 (wie Anm. 6), S. 141f.

[13] Klaus Mann, Kind dieser Zeit, S. 11.

[14] Erika Mann, Mein Vater Thomas Mann, S. 13.