Info
22.10.2021
Evangelische Akademie Tutzing, Schlossstraße 2+4, Tutzing
Bis: 24.10.2021
Eintritt: ab € 138

Tagung zu Theodor W. Adornos "Minima Moralia"

„DIE FAST UNLÖSBARE AUFGABE BESTEHT DARIN, WEDER VON DER MACHT DER ANDEREN, NOCH VON DER EIGENEN OHNMACHT SICH DUMM MACHEN ZU LASSEN."          

Theodor W. Adorno (1903-1969)

 

„Seit ich denken kann, bin ich glücklich gewesen mit dem Lied: ‚Zwischen Berg und tiefem, tiefem Tal‘: von den zwei Hasen … " – allein dieser Aphorismus in dem Büchlein Minima Moralia (erstmals 1951 erschienen) zeigt Theodor W. Adornos Passion, Kunst, Sensibilität, Manie, Zartheit und Berserkerwut: Wie dem verstörten Weltlauf Hoffnung abzuringen, wie im wunden Leben Heiles zu bescheren, wie unter Barbarischem am Humanum festzuhalten?

Der Spiegel fragt ihn 1969: „Herr Professor, gestern schien die Welt noch in Ordnung." Darauf Adorno: „Mir nicht." Ja, seine Negative Dialektik, dem Wahren, die Minima Moralia, dem Guten, seine Ästhetische Theorie, dem Schönen und dem Hoffen gewidmet, sind anstrengende Kost. Akribisch sondiert Adorno den alltäglichen Wahnsinn, was unser Zerstörerisches kostet. Nicht ohne auf‘s Köstlichste zu pochen: Liebe, Zärtlichkeit, Nähe, Geborgenheit, Lust, Trost und Einspruch.

Minima Moralia war, ja ist vielen Unfrommen eine linkshändische Bibel. Eher Wegzehrung als Buch, voll wütend, weltenwendlerisch, rebellischem Furor, gleichviel entsetzt, traurig, andächtig und still. Was wußten wir Studierende schon von universaler Warenform, hedonistischem Kapitalismus, Dialektik der Aufklärung, Triebstruktur und Gesellschaft, totalitärer Fungibilität, oder einer gestürzten Metaphysik? Und wer bot Mythos wie Märchen, Musik, Spiel, Traum und Religion auf wie Adorno für Bilder, Gesten, Refugien, Oasen, Fluchten schrankenlosen Glücks?

Adorno, die Kritische Theorie galt freilich auch als ätzend negativ. Mit Häme und Spott schalt man sie Grand Hotel Abgrund. Wie zum Trotz aber logieren dort die Apostel einer alten utopischen Welt im messianischen Licht: dass zwischen Menschen Intimes, Nachsicht, Duldung, liebende Sorge, bewahrende Hände und Friede herrsche, Solidarität die Zärtlichkeit der Völker sei.

Wir träumen Paradies und handeln Fabrik? Dann wollen wir miteinander in Minima Moralia blättern und im Kaputten nach dem Unkaputtbaren suchen und es uns zeigen, was uns hilft.

Dazu laden wir Sie in die Evangelische Akademie Tutzing ein!

Pfr. Dr. phil. Jochen Wagner
Studienleiter, Evangelische Akademie Tutzing

Beate Passow
Künstlerin, München

 

Programm

Freitag, 22. Oktober 2021

Anreise ab 16.00 Uhr

18.00 Uhr: Abendessen

19.00 Uhr: Adornos Minima Moralia zum 70. Geburtstag
„Die Kraft zur Angst und die zum Glück, sind das gleiche.“ Begrüßung und Einführung
Pfr. Dr. phil. Jochen Wagner

19.30 Uhr: Das Glück der individuellen Existenz
Lebensgeschichtliche Spuren in der Bilderwelt der „Minima Moralia“
Prof. Dr. Stefan Müller-Doohm

20.30 Uhr: Du hast es besser, Amerika, Kommerz statt Glück?
Prof. Dr. Klaus Benesch

21.00 Uhr: Gespräche und Begegnungen in den Salons

 

Samstag, 23. Oktober 2021

07.45 Uhr: Morgenandacht in der Schlosskapelle

09.00 Uhr: Minima Historia. Zur Poetik des Kleinen bei Adorno
Dr. Peter Neumann

10.00 Uhr: Die „bestimmte Negation“ und „das ganz Andere“ bei Adorno
Helena Esther Grass

11.00 Uhr: Kaffeepause

11.30 Uhr: "Geliebt wirst einzig du dort, wo schwach du dich zeigen darfst, ohne Stärke zu provozieren"
Prof. Dr. Bernd Scheffer

12.30 Uhr: Mittagessen

13.30 Uhr: Walk and Talk im Schlosspark am See (optional)

14.30 Uhr: Die „Möglichkeit des Besseren“ im Blick: Musik als „Bild von Freiheit“
Dr. Julia Freund

15.30 Uhr: Kaffeepause

16.00 Uhr: Kleider machen Leute?
Der Mode letzter Schrei – Anmut und Grazie oder schöner Schein?
Katja Eichinger

17.00 Uhr: Das zweite Gesicht
Kunst – das widerständige ganz Andere?
Beate Passow

18.00 Uhr: Abendessen

20.00 Uhr: Bar jeder Vernunft
blue notes zu erlesenen Minima Moralia

 

Sonntag, 24. Oktober 2021

07.45 Uhr: Morgenandacht in der Schlosskapelle

09.00 Uhr: „Nichts wahr als ihre Übertreibungen“ –
Die Psychoanalyse in Adornos Minima Moralia
Dr. phil. Dipl. Psych. Wolfgang Schmidbauer

10.00 Uhr: Ätzend negativ – als positive Haltung
Prof. Dr. Elisabeth Schweeger

11.00 Uhr: Spaziergang

11.30 Uhr: „Geliebt wirst einzig du dort, wo stark du dich zeigen darfst, ohne Neid zu riskieren.“
Pfr. Heinrich Weniger

12.30 Uhr: Ende der Tagung mit dem Mittagessen