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14.01.2021
Residenztheater, online, München
Bis: 11.07.2021
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Sibylle Canonica liest Georg Büchner

«Der Hessische Landbote» aus dem Jahr 1834 ist der erste, wenn auch anonym publizierte Text Georg Büchners und darf als eine der bedeutendsten sozialrevolutionären Flugschriften der deutschen Geschichte bezeichnet werden. Sie zeigt Büchner, den Dichter, als Revolutionär.

Bereits in seiner ersten Straßburger Studienzeit Ende 1832 hatte Büchner geplant, eine «politische Abhandlung» zu verfassen; 1834 galt sein wichtigstes politisches Ziel der Gründung einer revolutionären Geheimgesellschaft nach dem Vorbild der «Société des droits de l´homme et du citoyen». Der Zweck dieser «Gesellschaft der Menschenrechte» lag sowohl im Aufbau eines oppositionellen Netzwerks als auch in der Verbreitung revolutionärer Schriften. In diesem Zusammenhang suchte Büchner unter anderem den Kontakt zu Friedrich Ludwig Weidig, einem oppositionellen Theologen und Rektor, der als zentrale Gestalt der hessischen Oppositionsbewegung galt.

«Friede den Hütten, Krieg den Palästen.»

Ein erster, von Büchner allein konzipierter Entwurf des «Hessischen Landboten» ist nicht erhalten geblieben. Die sprachmächtige Kombination von sozialrevolutionärer Rhetorik und biblischer Metaphorik erklärt die literaturhistorische Bedeutung der Flugschrift, die in zwei Fassungen überliefert ist: Die erste erschien im Juli, die zweite im November 1834 – beide, wie bei illegalen Flugschriften üblich, ohne Angaben zu Autor, Ort, Verlag und Druck. Weiding, der die agitatorische Zugkraft der Büchner'schen Schrift erkannte, scheint dabei starke Eingriffe in die Textgestalt vorgenommen zu haben. Mittels möglichst flächendeckender Verbreitung der illegalen Flugschrift sollte die propagandistische Beeinflussung und politische Mobilisierung der Bauern und Handwerker im Großherzogtum Hessen gewährleistet werden, um so in der Bevölkerung eine Basis für einen revolutionären Umsturz zu schaffen. Daher ist es auch keineswegs überraschend, dass «Der Hessische Landbote» von Behördenseite als «eine der bösartigsten revolutionären Schriften» und als dementsprechend «hochverräterisch» eingestuft wurde.

Ton: Dominic von Nordheim
Musik: Camill Jammal

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