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20.11.2020
16 Uhr
Eintritt: frei
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ILfest - Lesung mit Igiaba Scego

Wer heute in Rom am Hauptbahnhof aus dem Zug steigt, weiß meistens nicht, wer die ‚500‘ waren, denen der Platz davor gewidmet ist. Februar 1887: In Italien schlägt die Meldung wie eine Bombe ein, dass 500 italienische Soldaten in Dogali von äthiopischen Truppen getötet wurden. Eine Welle der Empörung steigt in Rom auf und überrollt Lafanu Brown – sie ist eine amerikanische Malerin, die seit Jahrzehnten in Rom wohnt, und sie ist schwarz. Ein junger Mann rettet sie, und für ihn schreibt Lafanu ihre Geschichte auf: Sie ist die Tochter einer Indianerin und eines Haitianers, wie sie eine Ausbildung dank einer weißen Frau bekam, die sie aber für ein undankbares Geschöpf hielt, über Abolitionismus und Gewalt, über eine Mentorin, die ihre Begabung für die Kunst entdeckte, über ihre Entscheidung, in Europa nach Schönheit und Unabhängigkeit zu suchen. In Lafanu fließt das Schicksal zweier Frauen afroamerikanischer Abstammung zusammen: der Bildhauerin Edmonia Lewis und der Hebamme und Aktivistin Sarah Parker Remond, die im 19. Jhdt. aus den USA nach Italien kamen. Abwechselnd mit Lafanus Geschichte erfahren wir vom Leben von Leila, eine italosomalische Kunststudentin von heute, die das Topos des schwarzen Sklaven in der Kunst untersucht, und als Verbindungsglied zwischen der Vergangenheit dient und ihrer eigenen Geschichte, sowie derer Cousinen, die noch in Afrika leben.

Dismatria und weitere Texte, nonsolo Verlag 2020 aus dem Italienischen von Ruth Mader-Koltay / ital. in Pecore nere, Laterza 2006
„In Rom rennen die Leute immer, in Mogadischu rennen die Leute nie. Ich bin ein Mittelweg zwischen Rom und Mogadischu: ich gehe zügig.“
Der Mittelweg ist für Igiaba Scego zum ständigen Begleiter geworden auf der Suche nach der eigenen Identität: In Rom geboren mit somalischen Wurzeln, beschäftigt sie sich mit der Identitätsfindung der „seconda generazione di migrazione“, es geht es um die Zerrissenheit der Kinder zwischen zwei Welten.

Die Erzählung Dismatria ist derzeit Sternchen-Thema des Baden-Württembergischen Abiturs. Die drei Kurzgeschichten der Mini-Anthologie werden von einem ausführlichen, kritischen Vorwort von Prof. Dr. Martha Kleinhans vom Institut für Romanistik an der Universität Würzburg begleitet. Dadurch eignen sie sich hervorragend zur kritischen Auseinandersetzung mit den Themen Migration und Identität im Unterricht.

Moderation: Enrico Manera

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