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Verleihung der Förderpreise für Kulturschaffende der Internationalen Bodensee-Konferenz 2023 in der Inselhalle Lindau

Die 33. IBK-Förderpreise für Kulturschaffende wurden am 26. Oktober 2023 an sieben Comickünstlerinnen und -künstler vergeben. Sheree Domingo, Lena Steffinger, Clara San Millán, Lea Le, Jvana Manser, Rina Jost und Dominik Wendland erhielten den mit je 10'000 Schweizer Franken dotierten Preis. Die Preise sind insgesamt mit 70'000 Schweizer Franken dotiert. Rina Jost wurde zusätzlich mit dem Preis der Jugendjury ausgezeichnet.

„Comics eröffnen uns mit ihrer einzigartigen Kombination aus Bildern und Texten eine Welt, in der Fantasie und Realität miteinander verschmelzen, sich kulturelle Grenzen auflösen und neue Formen des Erzählens und Erklärens erprobt werden. Comic ist experimentell und hoch kreativ!“, so Melanie Huml, Bayerns Europaministerin und diesjährige Vorsitzende der Internationalen Bodensee-Konferenz. „In der Bodenseeregion haben wir das Glück, eine lebendige Comic-Kultur zu haben, die von talentierten Künstlerinnen und Künstlern geprägt ist. Indem wir diesen Kultur-Förderpreis der IBK in der Sparte Comic verleihen, ermutigen wir weiterhin die kreative Entfaltung und den kulturellen Austausch in unserer Bodenseeregion.“

Die feierliche Preisverleihung wurde mit einer Videogrußbotschaft von Markus Blume, MdL, Bayerischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, und einem Grußwort der Oberbürgermeisterin der Stadt Lindau Dr. Claudia Alfons, eröffnet. Das vielfältige Schaffen der sieben Preisträgerinnen und Preisträger wurde in Werkpräsentationen, Comiclesungen und Bühnengesprächen präsentiert. Dr. Roland E. Hofer, Vorsitzender der Kommission Kultur der Internationalen Bodensee-Konferenz (IBK), und Dr. Elisabeth Donoughue, Juryvorsitzende, überreichten die Preise vor mehr als 200 Gästen aus Kultur und Politik in der Inselhalle in Lindau. Durch den Abend führte Kulturjournalistin Christine Knödler, die auch Podcasts mit den Preisträgerinnen und dem Preisträger erstellte – abrufbar über die IBK-Website.

Comic – die neunte Kunst

Für die IBK-Förderpreise 2023 waren Einzelpersonen oder Kollektive gesucht, die gegenwärtig in der Entwicklung des Comics als künstlerisches Medium herausragen.

Die Nominationen bestätigen die Einschätzung der IBK-Kommission Kultur, dass die Kunstform des Comics in den letzten Jahren – im gesamten deutschsprachigen Raum – immer mehr an Bedeutung und Sichtbarkeit gewinnt. Die IBK-Kommission Kultur setzt mit ihrer Entscheidung für eine Auszeichnung von Comickünstlerinnen und -künstlern auch ein Zeichen für die Förderwürdigkeit des Comics als Kunstform. Die Preisträgerinnen und Preisträger der diesjährigen IBK-Förderpreise sowie des Jugendpreises zeigen eine große Vielfalt an künstlerischen Handschriften im Comicschaffen um den Bodensee, eine enorme Bandbreite an Stilrichtungen wie auch an Themen am Puls der Zeit.

Die Jury

Die internationale Jury mit Expertinnen und Experten aus dem Kulturbereich wählte aus insgesamt 17 Nominationen die Preisträgerinnen und den Preisträger der diesjährigen IBK-Förderpreise aus.

In der internationalen Jury wirkten mit:

  • Erwin Krottenthaler (Land Baden-Württemberg)
  • Roman Maeder (Kanton Schaffhausen)
  • Kati Rickenbach (Kanton Zürich)
  • Beni Merk (Kanton Thurgau)
  • Mark Staff Brandl (Kantone Appenzell Innerrhoden und Appenzell Ausserrhoden)
  • Diego Balli (Fürstentum Liechtenstein)
  • Manuel Stahlberger (Kanton St.Gallen)
  • Frauke Kühn (Land Vorarlberg)
  • Barbara Yelin (Freistaat Bayern)

Auszüge aus den Begründungen der Jury:

Lea Le, nominiert vom Kanton St. Gallen, Auszug aus der Jurybegründung:
„[…] Lea Les feiner, poetischer Strich und die filigranen, zerbrechlich schlaksigen Figuren stehen im Gegensatz zu tiefgründigen Inhalten: In ihren fein beobachteten Geschichten schreckt sie auch vor schwierigen Themenfeldern nicht zurück. Auf der Suche nach ihrer eigenen Bildsprache und den Möglichkeiten des Mediums testet sie die Grenzen des Mediums Comic aus und bewegt sich in diverse Richtungen. Lea Le wagt sich interdisziplinär in den öffentlichen Raum, arbeitet mit anderen Bereichen der Literatur zusammen und lässt so Neues entstehen. […]“ (Beni Merk)

Rina Jost, nominiert vom Kanton Thurgau, Auszug aus der Jurybegründung:
„Rina Jost beeindruckt in ihrer Graphic Novel „WEG“ durch die Vielschichtigkeit in den Bildern und sorgfältige Komposition der Erzählung, in der sie die wahre Geschichte ihrer Schwester, die an einer Depression erkrankt ist, erzählt. Die Gefühle und Herausforderungen in dieser Situation beschreibt sie in Form einer Held*innenreise in detailreichen Bildfolgen von grosser Präzision. Die Leser*innen werden mitgenommen auf ein Abenteuer durch schaurig-schöne Landschaften auf der Suche nach der Schwester, die sich in einen Stein verwandelt hat. Die Depression als Ökosystem.“ (Kati Rickenbach)

© Balz Kubli

Jvana Manser, nominiert vom Kanton Appenzell Innerrhoden, Auszug aus der Jurybegründung:
„In der Comicreportage Diese Leute von Jvana Manser erzählt der Protagonist Eri auf einer Mauer sitzend seine Fluchtgeschichte aus Eritrea und sein Ankommen in der Schweiz. Es ist beeindruckend, mit welch feinem Gespür für Nähe und Distanz Jvana Manser in Text und Bild entschieden hat, was sie von dieser Geschichte zeigen und erzählen will – und was in der konkreten Situation offengelassen wird. Die Jury hat mit Jvana Manser einen Rohdiamanten entdeckt, der in den kommenden Jahren in der Comicszene funkeln und strahlen wird.“ (Erwin Krottenthaler)

Lea Steffinger, nominiert vom Land Baden-Württemberg, Auszug aus der Jurybegründung:
„Eingebettet in stimmige Landschaftsszenerien spielt Lena Steffingers in ihrer Graphic Novel Sommer fein nuanciert mit Andeutungen und den leisen Tönen. Ausschnittartige Momentaufnahmen, dominiert von gedämpften Gelbtönen, zeigen Details, Skizzen oder Licht- und Schattenspiele, die zu groben Mustern verschwimmen. Nur punktuell öffnet sich die visuelle Ebene für den Text, und doch bleibt es die Sprache, die Nähe und Berührung zwischen den Figuren schafft. Sommer überzeugt und begeistert bis zum letzten Wort.“ (Frauke Kühn)

© Florian Steffinger

Clara San Millán, nominiert vom Zürich, Auszug aus der Jurybegründung:
„Clara San Millán ist eine radikale Stilistin und eine so leidenschaftliche wie visionäre Gestalterin. Mit ihrem schlichten Formalismus erzeugt sie einen dynamischen Sog und kreiert geometrische Spannungsfelder von geradezu poetischer Dramatik. Der verspielte Umgang mit Zeit- und Raumverhältnissen, die geheimnisvollen Details und das unkonventionelle Zusammenspiel der Text- und Bildebenen verlangen unsere volle Aufmerksamkeit, die Lesart selbst wird zum Abenteuer und lässt uns immer wieder über die unerschöpfliche Experimentierfreude staunen.“ (Roman Maeder)

Sheree Domingo, nominiert vom Land Baden-Württemberg, Auszug aus der Jurybegründung:
„Sheree Domingo weckt mühelos unser Interesse. Sie weiß, wo sie erzählerisch hinwill und die Leserinnen und Leser folgen gebannt ihren gezeichneten Essays. Mit lockerem Strich und schimmernden Aquarelltupfern breitet sie vor unseren Augen ihre mystischen und archetypischen Erzählungen aus. Die große Leichtigkeit macht uns beinahe vergessen, wie virtuos sie die Mittel der Graphic Novel einsetzt. Wir gratulieren Sheree Domingo zu einem Werk, das uns fesselt und uns ebenso leichtfüßig wie tiefsinnig in eigenwillige Geschichten entführt.“ (Diego Balli)

Dominik Wendland, nominiert vom Freistaat Bayern, Auszug aus der Jurybegründung:
„Dominik Wendland behandelt in seinen Comics Themen wie Zukunft, Sinnsuche, Wissenschaft, Depression oder Fiktion, wobei er radikal und künstlerisch analoge und digitale Techniken verbindet. Er zeichnet mit Tusche auf Papier in sehr reduzierten Linien, weiter geht es digital mit Farbe, und schon lesen wir ihn auf social media – später verwebt er die Zeichnungen in einem Buch. Intelligent, leicht und schwer zugleich, philosophisch, heutig schafft er den Spagat zwischen Reduktion und Lesbarkeit der Zeichnung und dabei großer Vielschichtigkeit des Inhalts.“ (Babara Yelin)

 

Weitere Nominationen:

  • Lea Kooni (nominiert vom Kanton Schaffhausen)
  • Mark Paterson (nominiert vom Kanton Schaffhausen)
  • Nando von Arb (nominiert vom Kanton Zürich)
  • Julia Trachsel (nominiert vom Kanton Thurgau)
  • Julia Kubik (nominiert vom Kanton St.Gallen)
  • Luisa Zürcher (nominiert vom Kanton Appenzell Ausserrhoden)
  • Mathias Meikel (nominiert vom Fürstentum Liechtenstein)
  • Adam Vogt (nominiert vom Fürstentum Liechtenstein)
  • Simon Häußle (nominiert vom Land Vorarlberg)
  • Michael Salvadori (nominiert vom Land Vorarlberg)
  • Lisa Frühbeis (nominiert vom Freistaat Bayern)

Preis der Jugendjury

Zum vierten Mal vergibt die IBK-Projektgruppe Jugendengagement einen zusätzlichen Preis in der Höhe von 5'000 Schweizer Franken. Dr. Roland E. Hofer zeigte sich darüber sehr erfreut: „Die Jugendjury der IBK stärkt grenzüberschreitendes Engagement junger Erwachsener für das Kulturleben im Bodenseeraum.“

Durchgeführt wurde die Jurierung von der Stabsstelle Regierungssekretär/Fürstentum Liechtenstein (Juryvorsitzende Ruth Haefelin). Diese Jury setzt sich aus jungen Erwachsenen mit besonderer Nähe zum Comic zusammen:

  • Lucia Otto (Land Baden-Württemberg)
  • Noah Hinder (Kanton St.Gallen)
  • Myriam Rathfelder (Fürstentum Liechtenstein)
  • Stelle Heidegger (Land Vorarlberg)
  • Giovanni Raabe (Freistaat Bayern)

Aus allen Nominierten wählte die Jury Rina Jost (nominiert vom Kanton Thurgau) als Preisträgerin aus.

Rina Jost, nominiert vom Kanton Thurgau, Auszug aus der Begründung der Jugendjury:
„Rina Jost erzählt in ihrem Comic „WEG“ aus der Perspektive einer Angehörigen, wie es sich anfühlt, eine Person mit Depressionen zu kennen und für sie da zu sein. Durch die verspielte Erzählweise und einen einfachen Stil wird der Comic verständlich und nachvollziehbar. Gleichzeitig schöpft Rina Jost die Möglichkeiten des Mediums voll aus, indem sie sehr spielerisch mit Formaten, Perspektive und Farben umgeht. In einer Zeit, in der immer mehr Leute von Depressionen betroffen sind, trägt Rina Jost mit ihrem Comic auf kreative Weise dazu bei, das Thema für viele Leute greifbar zu machen.“

 

Über den Förderpreis der IBK

Die Förderpreise der IBK werden seit 1991 jährlich in wechselnden Sparten verliehen. Es können maximal sieben Preise in der Höhe von jeweils 10'000 Schweizer Franken vergeben werden. Ausgezeichnet werden Personen mit einem herausragenden Potential im jeweiligen Kulturbereich. Jedes Mitglied der IBK – Baden-Württemberg, Schaffhausen, Zürich, Thurgau, St.Gallen, Fürstentum Liechtenstein, Vorarlberg, Bayern, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden (gemeinsam) – hatte die Möglichkeit, zwei Personen oder Kollektive zu nominieren. Diese müssen auf dem Gebiet des betreffenden Landes oder Kantons wohnhaft sein, ihren Produktionsort dort haben oder einen biografischen Bezug zur Bodenseeregion aufweisen.

Die Preisvergabe verantwortete die Kommission Kultur der IBK unter dem Vorsitz des Kantons Schaffhausen. Das Jurierungsverfahren und die Preisverleihung 2023 wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst organisiert (Juryvorsitz Dr. Elisabeth Donoughue, Referentin für Literaturförderung).

 

Internationale Bodensee-Konferenz

Die Internationale Bodensee-Konferenz (IBK) ist die gemeinsame Plattform der Regierungen der Länder und Kantone Baden-Württemberg, Schaffhausen, Zürich, Thurgau, St.Gallen, Appenzell Ausserrhoden, Appenzell Innerrhoden, Fürstentum Liechtenstein, Vorarlberg und Bayern. Ziel der IBK ist es, die Bodenseeregion als attraktiven Lebens-, Natur-, Kultur- und Wirtschaftsraum zu erhalten und zu fördern und die regionale Zusammengehörigkeit zu stärken. Sie bildet den Kern eines breit gefächerten Netzwerkes der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in der Bodenseeregion. Weitere Informationen unter www.bodenseekonferenz.org.