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27.02.2013, 12:56 Uhr
Frank Piontek
Jean-Paul-Reihe
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Jean Paul selbst nannte seinen Debütroman eine „geborne Ruine“: Frank Piontek liest Die unsichtbare Loge“ von Jean Paul, Tag für Tag, von der ersten bis zur letzten Seite, und bloggt darüber.

Logen-Blog [97]: Die Ähnlichkeiten zwischen Ehe und Erziehung

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Der Hofmeister und sein Zögling. Der in jedem Sinne einzige Illustrator der „Unsichtbaren Loge“, Daniel Chodowiecki, hat ihn gezeichnet, wenn auch nicht dem Roman beigegeben.

Auch im nächsten Kapitel finden sich pädagogische Leitlinien, die die Geschichte Gustavs weiter begleiten. Um ehrlich zu sein: man wüsste schon gern, wie es „konkret“[1] mit ihm weiter geht, aber vorher gibt der Winkelschullehrer noch einige Hinweise auf die Schwierigkeiten einer gelungenen Erziehung: „Ein einziger falscher Riß des Lenkseils verwirrt und verstockt sie [die Kinder] auf immer. Besonders sind die Flitterwochen einer solchen Erziehung so gefährlich wie die in der Ehe mit einer feinfühlenden Frau, bei welcher ein einziger kakochymischer Nachmittag durch keine künftigen Jahr- und Tagzeiten wieder auszutilgen ist.“ Auch meint er, dass es, beim Kind wie beim Erwachsenen, darum ginge, das „Ehrgefühl“ nicht zu kränken (und nicht einmal dort, wo die „Leidenschaften ineinanderschreien“). Kakochymisch? Das heißt: „schlechtsaftig“. Der Senior Setzmann, also der geistliche Herr, bei dem Gustav in den Katechismusunterricht geht, ist dagegen eher biersaftig, nachdem er wieder einmal den Keller, seine „Pauls- und Peterskirche“, besucht hat. Nebenbei lernen wir Christian Wilhelm Oemler kennen, der ein „übergründliches“ (sagt der Kommentator) Pastoralrepertorium für jeden möglichen und unmöglichen Fall geschrieben hat.

So etwas sollte man mal für Buchhändler herausgeben.

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[1] Gerade unterlief mir ein kleiner, charakteristischer Vertipper: Die undichtbare Loge. Sigmund freud sich vielleicht darüber.