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27.07.2014, 12:17 Uhr
Frank Piontek
Jean-Paul-Reihe
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Jean Paul selbst nannte seinen Debütroman eine „geborne Ruine“: Frank Piontek liest „Die unsichtbare Loge“ von Jean Paul, Tag für Tag, von der ersten bis zur letzten Seite, und bloggt darüber.

Logen-Blog [449]: ... wird der Brief übergeben

Es kommt endlich zur Übergabe des Briefs; vorher beschreibt der Erzähler den Unterschied zwischen Gustavs und Beatas Spielweise: sie spielt, da sie sich im Stück wiederfindet, sehr diskret, er spielt, das Selbe bemerkend, vielleicht weniger virtuos, aber umso wärmer. Übrigens: Der blödeste Mensch ist, wenn viel Phantasie unter seinen Taten glimmt, der herzhafteste, wenn sie emporlodert.

Nun begleitet er die Übergabe seines Briefs mit einem vorgeschrieben Satz: O doch, ich bin ja dein Bruder nicht – worauf die junge Dame flugs in Ohnmacht fällt, nachdem der Erzähler bemerkte, dass noch kein Mädchen einer männlichen List mankierte, die es zu vollenden hatte. Was das Wort „mankieren“ bedeutet, möge der geneigte Blog-Leser nachschlagen: es bezeichnet „mangeln“ oder „fehlen“, was wohl hier heißen soll, dass Mädchen grundsätzlich listiger seien als Jünglinge. Darüber sollte man nachdenken. Tatsächlich fällt Beata dann nicht listigerweise, sondern wirklich in Ohnmacht – und der dumme Gustav hält's für einen theatralischen Spaß. Die Szene geht schlecht und recht weiter; Beata spielt die Geliebte Gustavs, wie vorgesehen (und innerlich verborgen, um nicht Gustavs seine zu spielen); nach dem Schlussvorhang muss sie sich zurückziehen. Der Ausgang ist verheißungsvoll:

Ich hebe, Teure, den Vorhang immer höher auf, der damals noch das verhüllte, was jetzt deinen Nerven und deiner Brust die Ruhe nimmt.

Wollen mal sehen, ob das wirklich stimmt.

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