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19.03.2014, 14:31 Uhr
Frank Piontek
Jean-Paul-Reihe
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Jean Paul selbst nannte seinen Debütroman eine „geborne Ruine“: Frank Piontek liest „Die unsichtbare Loge“ von Jean Paul, Tag für Tag, von der ersten bis zur letzten Seite, und bloggt darüber.

Logen-Blog [381]: Als wenn die Schikanedrische Truppe ...

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Kein Fremder, auch Jean Paul kannte ihn (natürlich): Emanuel Schikaneder.

Die Spannung steigt.

„Jean Paul“ reizt den Leser, gleich würde ein Auftritt erfolgen, den er eigentlich nicht beschreiben, ja kaum andeuten können – aber er würde ihn natürlich beschreiben, er muss ja, er ist ja keiner der Romanen-Manufakturisten, die nicht wüssten, wie das ginge: Unmögliches beschreiben. Er ziert sich noch, er macht viele Worte, er spielt mit der Spannung, die sich nun langsam, aber sicher beim Leser aufbaut. Ja, ich redete es daher schon auf der Ostermesse mit meinem Verleger ab, er sollte sich um einige Pfund Gedankenstriche, um ein Pfund Frage- und Ausrufungszeichen mehr umtun, damit die heftigsten Szenen zu setzen wären, weil ich dabei um meinen apoplektischen Kopf mich so viel wie nichts bekümmern würde.

Derart satzzeichengerüstet wird er an die Aufgabe gehen, die minderen Autores über den Kopf wachsen könnte. Was aber den Leser, der zugleich ein Opernfreund ist, am meisten entzückt, ist folgendes Bild:

Es ist so, als wenn die Schikanedrische Truppe vor den verzerrendsten Auftritten des Lears an die Theater-Küste ginge und das Publikum ersuchte, es möchte sich Lears Gesicht nur denken, sie ihres Orts könnte es unmöglich nachmachen.

Die Schikanedrische Truppe... der Blogger muss hier nicht die Lebensgeschichte des Schauspielers, Regisseurs und Prinzipals Emanuel Schikaneders, des Mannes aus Straubing hinsetzen; der Mann ist weltberühmt genug – auch wenn sein ewiger Ruhm einzig und allein durch sein Libretto zur Zauberflöte verbürgt wird, die kurz vor der Abfassung des Manuskripts der Unsichtbaren Loge in Schikaneders Freihaustheater auf der Wieden das Licht der Bühnenwelt erblickte – und in der Schikaneder bekanntlich den Papageno „kreierte“, wie der Fachbegriff lautet. Doch war der Mann seinerzeit ein bekannter Theatermann, der sich tatsächlich bei den großen Dramatikern auskannte; Jean Pauls Hinweis auf „Shakespeares“ Lear ist völlig korrekt, auch hat ihn Mozart einmal als Hamlet erlebt.

Mit Mozart und zugleich mit Bayreuth, wo Franz Xaver Gerl – der erste Sarastro – Mitte der 1780er Jahre ein Mitglied der Ansbachisch-Bayreuthischen Schauspielgesellschaft gewesen war, verbindet ihn übrigens noch Anderes: als Schikaneder 1788 der Moserschen Theatertruppe in Regensburg angehörte, beschloss er, Freimaurer zu werden – die Loge Carl zu den drei Schlüsseln nahm ihn damals auf. Dreimal darf der werte Leser raten, wo sich sein Aufnahmegesuch heute noch finden lässt.

Dort, wo auch wir schon einmal kurz hineingeschaut haben: im Deutschen Freimaurer-Museum zu Bayreuth.

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