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16.10.2013, 13:05 Uhr
Frank Piontek
Jean-Paul-Reihe
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Jean Paul selbst nannte seinen Debütroman eine „geborne Ruine“: Frank Piontek liest „Die unsichtbare Loge“ von Jean Paul, Tag für Tag, von der ersten bis zur letzten Seite, und bloggt darüber.

Logen-Blog [253]: Auf der Suche nach der Wortbedeutung

Eigentlich wollte ich ja in der Kommentierung inhaltlich mächtig voranschreiten, aber ich bleibe beim Wort Plümage stecken. Es geht also um Federn:

Sie stand vor ihm mit allen Reizen, die einer Juno bleiben, wenn man ihr die holde Farbe der ersten Unschuld nimmt, mit ihrem Plümagen-Walde, den ihr in Unterscheerau hundert nachtragen, weil sie mit wenigen meiner Leserinnen, die auch mehr Federn aufsetzen, als sie in ihrem Leben Federn schließen werden, so viel heraus gebracht haben, dass jede Juno eine Göttin und jede Göttin eine Juno sein und dass man Damenköpfe und Klaviere stets bekielen müsse.

Plumage = Federschmuck oder Gefieder, gut. Nun ist mir aber auch meiner frühesten Jugend  der Begriff plümerant vertraut. Woher kommt dieses Wort aber her? Das ist eine „gute Frage“, und so finde ich denn folgende Sätze auf „gutefrage.net“: „Ich kenne den Ausdruck nur zu gut. Meine Oma hat ihn häufig verwendet, wenn ihr etwas komisch vorkam oder sie etwas nicht mochte, sagte sie immer 'Da wird et mir ja ganz plümerant'. Leider lebt sie schon lange nicht mehr und ich kann dir auch gar nicht sagen wann ich den Ausdruck das letzte Mal gehört habe.“

Entzückend... aber es trifft sich mit meinen juvenilen Erinnerungen. Das Wort käme, lese ich weiter, vermutlich aus der französischen Studentensprache des 17. Jahrhunderts, in der bleu mourant „blassblau oder „blau sterbend“, also „matt oder schwindlig fühlen“ bedeutet. Das „p“ ist also berlinerisch und hängt nicht mit dem „p“ in „Plumeau“ oder Plumage zusammen.

Geheimnisse der Sprache...

So stelle ich mir Frau von Bouse als Kind vor: bereits geschmückt mit Federn. Gut – aber was hat es mit dem Federschliessen auf sich? Im Adelung lese ich: „Schließen, verb. irreg. act. welches in der Conjugation mit dem folgenden überein kommt, und im Hochdeutschen für das mehr Oberdeutsche schleißen gebraucht wird; besonders von den Federn. Federn schließen, schleißen. Geschlossene Federn, geschlissene.“

Hmm... Ich suche weiter und finde folgende Auskunft: „Ich weiß, dass Federn bei uns immer nach dem Schlachten des Tieres anfielen und gesammelt wurden. Die Federn wurden dann im Winter geschlossen – was immer einen Heidenspaß und ein wenig Abwechslung in die  Winterabende der Frauen auf dem Lande brachte.
Federn schließen – heißt, man entfernt den Kiel aus der Feder und füllt die kiellosen Federn und Daunen dann in ein Inlett und schwups hat man ein neues Deckbett oder Kopfkissen.“

Nun trägt die Residentin ja kein Kopfkissen auf dem Kopf (sonderbare Vorstellung...). Das kann es also nicht sein. Ich gehe also, über den Adelung, zu Grimm über, greife zum 15. Band und erhalte unter dem Artikel schleiszen (III. Reflexiv 2)) die Auskunft, die an unser „verschleißen“ erinnert: „sich abnutzen, verbrauchen, zu ende gehen“. Genau diese Auskunft hätte ich vom Kommentar der Werkausgabe erwartet, der mir hätte sagen müssen, dass „Schließen“ „(Ver)schleißen“ bedeutet.

Dagegen ist das „Bekielen“ der Klaviere für einen Klavierfreund sehr simpel. Im Adelung heißt es sehr schön: „Das Klavicymbal erheischte natürlich eine ganz andre Art des Anschlags; statt der Tangenten des Klavichords führte man hölzerne Stäbchen (Döckchen) ein, die am obern Ende kleine, zugespitzte Stückchen harten Federkiels (Rabenkiel) trugen, mittels deren sie die Saiten rissen (daher der Name 'Kielflügel', ital. istrumento da penna, 'befiedertes Instrument'). Das 'Bekielen' war eine Arbeit, die jeder Cembalist verstehen mußte, da Reparaturen sehr oft nötig wurden.“

Womit auch diese kleine Stelle erklärt wäre.

Nur die wichtigste Frage, wieso ausgerechnet jede Göttin eine Göttergattin sein müsse – diese Frage vermag ich nicht zu beantworten.