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Passau, Bräugasse 21: Das Wirtshaus von Emerenz Meier

Woher der Name des Wirtshauses Zum Koppenjäger in Passau rührt und seit wann dort Gäste einkehren, lässt sich nicht mehr genau feststellen. Im Jahr 1554 erscheint ein Wirt und Schiffsmeister namens Michael Khappeniager als Zeuge in einem Behördenantrag. Knapp zweihundert Jahre später, 1765, wird ein gewisser Georg Koppenjäger in einem Zechbuch genannt, als letzter seines Geschlechts. 1783 übernimmt Peter Humer, ein Briefträger und offenbar der uneheliche Sohn der Koppenjäger-Wirtsleut, die Schiffer-Bierschenke und die dazugehörigen Rechte, die nach seinem Tod an seine Witwe übergehen.

Nach zahlreichen Besitzerwechseln erwirbt 1880 die Brauerei Hellmansberger aus Straßkirchen das Eigentum an der Gastwirtschaft. Deren Chef Carl Hellmansberger trifft 1902 eine ungewöhnliche Personalentscheidung, vermutlich mit Unterstützung der Stadt, die sich gerne im Besitz einer echten Künstlerkneipe sähe: Anfang Juni übergibt er die Leitung des Koppenjäger an die Dichterin (und Gastronomen-Tochter) Emerenz Meier, fortan besser als „Wirtzenz“ bekannt. Dass sich Hellmansberger und Meier aus Straßkirchen kennen, ist sicher – wie gut, darüber wird viel gemutmaßt.

Das Bohème-Projekt scheitert jedoch, weil nur wenige Gäste – darunter Heinrich Lautensack und vor allem der gute Freund Hans Carossa – den intellektuellen Ansprüchen genügen und zudem der finanzielle Erfolg ausbleibt. Und so beendet Emerenz Meier Ende des Jahres 1903 ihre gastronomische Karriere schon wieder und zieht nach München. Was von der Passauer Zeit bleibt, ist womöglich das Gedicht Hans, mit dem natürlich Carossa gemeint sein könnte:

Hans, was sagte die Mutter zu dir,
Als sie dich so besoffen sah?
Hans, was sagte die Mutter da?
Hans, wie kamst du ihr für? -
Sagte die Mutter: „du volles Schwein,
Warst wohl wieder bei Emerenz,
Die dein Verderben, o Gott, ich kenn's,
Und dein Ende wird sein!“

Der Koppenjäger wechselt in den folgenden Jahren vielfach den Besitzer. 1932 steht die Wirtschaft im Zentrum eines Sittenskandals, da dort offensichtlich nicht nur Bier, sondern auch Frauen an den Mann gebracht werden. 1940 bekommt das Gasthaus einen neuen, fremdenverkehrstauglicheren Namen, der wohl auch den schlechten Ruf vergessen machen soll: Es heißt nun Zum Dreiflusseck. 1975 lässt der damalige Oberbürgermeister Emil Brichta an dem Gebäude eine Gedenktafel anbringen, die an die berühmte Wirtin erinnert.

Anlässlich des 80. Todestags von Emerenz Meier wird ihr nicht nur am Donaukai ein Denkmal errichtet, sondern kommt auch das Stück Zum Koppenjäger von Joseph Berlinger während der Europäischen Wochen zur Aufführung. Das Drama handelt von der Freundschaft zwischen Meier, Carossa und Lautensack – und von einem Masskrug, der durch die Zeiten reist.