Info
Geb.: 12. 1.1947 in München
Gest.: 1. 1.1998 in München
© Michael Lucan
Titel: Dr. phil.

Gustl Angstmann

Gustl Angstmann wird am 12. Januar 1947 in München geboren. Er gilt als einer der ersten offen schwul schreibenden Autoren Bayerns. Ein auffallendes stilistisches Merkmal ist seine in bayerischer Mundart verfasste gesprochene Sprache. Ebenfalls im Dialekt schreibt Angstmann von 1987 bis 1996 seine Kolumne „Der Grantler“, in der er das landes- und kommunalpolitische Geschehen kommentiert. Gustl Angstmann stirbt am 1. Januar 1998 in München an den Folgen von AIDS.

Werdegang

Angstmann wächst in der unmittelbaren Nachkriegszeit im Stadtteil Haidhausen auf. Nach der Hauptschule schließt er 1964 eine Facharbeiterausbildung als Schlosser ab. 1966 tritt er als Novize in ein Kloster ein, das er nach einem Jahr wieder verlässt. In den folgenden Jahren besucht Gustl Angstmann das Abendgymnasium in Mainz und legt 1971 sein Abitur ab. Anschließend studiert er Pädagogik, Psychologie und Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München, wo er 1978 promoviert. Danach ist er in der Erwachsenenbildung und in der psychotherapeutischen Erziehungsberatung tätig 

Angstmann ist Mitbegründer der Münchner Schwulenbewegung. Seit den frühen 1970er-Jahren engagiert er sich in verschiedenen Emanzipationsgruppen, wie etwa der Homosexuellen Aktion München (HAM), der Schwusos oder der Münchner Aids-Hilfe. Als langjähriges SPD-Mitglied widmet er sich in seiner politischen Arbeit den Interessen von Minderheiten. 1990 wird er vom SPD-Ortsverein Gärtnerplatz in den Bezirksausschuss 12 gewählt.

Wichtige Werke

Gustl Angstmann schreibt sozialwissenschaftliche Fachbücher und Beiträge für literarische Zeitschriften. Er gilt als einer der ersten offen schwul schreibenden Autoren Bayerns. Erstmals öffentlich in Erscheinung tritt er mit einer Lesung bei den Haidhauser Büchertagen 1981. Mit Ein ganz normaler Mann erscheint 1982 sein literarisches Debüt im Feldafinger Friedl Brehm Verlag, der damals vor allem jungen Mundartautoren jenseits tümelnder Bayernklischees ein Forum bietet. In seiner ersten Geschichtensammlung verarbeitet Angstmann seine eigenen Erfahrungen als homosexueller Mann in den 1970er- und frühen 1980er-Jahren in München. In lose aneinandergereihten, atmosphärisch dichten Szenen zeichnet er eine Topografie des schwulen Lebens in München und führt an szenebekannte Treffpunkte im Glockenbachviertel, wie das Wirtshaus „Zur Deutschen Eiche“, das Stricherlokal „Bel Ami“, die Discothek „Mandy' s Club“, wie auch zu den einschlägigen „Klappen“ im Englischen Garten oder in den „Keller“ des „Vereins für Sexuelle Gleichberechtigung“ (VSG) in Haidhausen.

Ein Jahr später erscheint ebenfalls im Friedl Brehm Verlag der autobiografisch geprägte Kurzroman Der Stotterer (1983), in dem Angstmann Kindheit, Jugend und Erwachsenwerden eines Außenseiters im Münchner Arbeiterviertel Haidhausen von der unmittelbaren Nachkriegszeit bis zum Jahr 1970 beschreibt. 1986 folgt das Hörspiel D'Muadda. Im Berliner Verlag rosa Winkel erscheint 1987 der Roman HerzSchläge, der von einer Liebe zwischen zwei Männern in München Ende der 1970er-/Anfang der 1980er-Jahre erzählt. Wie die Hauptfigur im Stotterer heißt der Ich-Erzähler Michael Öttl, der inzwischen bereits mitten im Studium steckt. Ein auffallendes stilistisches Merkmal ist seine in bayerischer Mundart verfasste gesprochene Sprache. Ebenfalls im Dialekt schreibt Gustl Angstmann seine Kolumne „Der Grantler“, die von 1987 bis 1996 in Südwind − Zeitschrift für das schwule München erscheint. Angstmann ist Mitbegründer und Redaktionsmitglied der Zeitschrift und kommentiert als „Grantler“ in jeder Ausgabe das landes- und kommunalpolitische Geschehen, z.B. die gewaltsamen Übergriffe der als Schwarze Sheriffs berüchtigten U-Bahn-Wache, die Angstmann „Wuid-West-Briada“ nennt. Jede Kolumne endet mit dem Satz: „Ma soggt ja nix, ma redd ja bloos!“

Im Verlag rosa Winkel erscheint 1994 der Roman Novizen und 1997 der Krimi Bei Liebe Mord. Als Autor von Fachliteratur veröffentlicht Angstmann bei Herder Abschiednehmen will gelernt sein (1988) und Schreiben hilft Leben (1989). 1985 erhält Angstmann den Puchheimer Leserpreis.

Stil / Rezeption

Angstmanns literarischer Nachlass wird vom Forum Queeres Archiv München betreut.