Isolde Kurz

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Kriegsgefangene Franzosen, 1914 marschierend, von Polizisten bewacht. Sign.: Pk-Erg-09-0098 (Münchner Stadtarchiv)

In ihrer 1938 verfassten Lebensrückschau schildert Isolde Kurz ihr Leben während des Ersten Weltkrieges in München. Auch wenn bei der auch in Italien beheimateten Autorin durchaus Mitleid mit den anderen Nationen aufscheint, ernsthafte Kritik am Krieg ist auch zwanzig Jahre später nicht auszumachen.

Es gab wohl keine andere Großstadt einer kriegsführenden Macht, wo Angehörige eines Feindesvolkes noch monatelang nach Kriegsbeginn in den Straßen laut ihre eigene Sprache sprechen konnten, wie es in unserem München geschah, bis die Polizei zum Besten der Taktlosen selber dieser Unvorsichtigkeit ein Ende machte.

(Isolde Kurz: Die Pilgerfahrt nach dem Unerreichlichen. Lebensrückschau. Rainer Wunderlich Verlag, Tübingen 1938, S. 567f.)

Und währenddessen ergoss sich eine maßlose, allen Sinnes entbehrende, aus tausend Bosheiten, Missverständnissen, Gehässigkeiten und Verleumdungen zusammengeronnene, seit Jahrzehnten aufgebaute Wut über das unglückliche deutsche Volk und riß nach und nach den halben Erdball zu rohesten Beschimpfungen hin.

(Ebda., S. 568.)

In der Rückschau möchte es mir scheinen, als ob ich die vier Kriegsjahre müßig verbracht hätte, weil mit außer dem kleinen unter dem Titel „Schwert aus der Scheide“ gesammelten Gedichtband keine sichtbaren Früchte meines Tuns verblieben sind. Blättere ich aber in Briefen und Aufzeichnungen jener Tage, so sehe ich, dass der literarische Betrieb ganz ebenso weiterhing wie in Friedenszeit. [...] Da hieß es denn manchmal die Poesie „kommandieren“, auch wo sie abgeneigt war, aber nach all der lebenslangen Freiheit war es auch einmal schön zu dienen, sich wie ein Kriegsfreiwilliger ohne Wahl auf den vorgeschriebenen Platz zu stellen.

(Ebda., S. 571f.)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Michaela Karl

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