Zwölf Culturbilder aus dem Leben der Frau

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Herren und Damen der Renaissance mit Dichter Ariost, in der Mitte Marie Haushofer. Szenenbild zu Marie Haushofers Schauspiel „Zwölf Culturbilder aus dem Leben der Frau“, entstanden im berühmten Fotostudio Atelier Elvira in München. © Stadtarchiv München

Den Höhepunkt und Abschluss der Veranstaltung hingegen bildet ein Festspiel: Zwölf Culturbilder aus dem Leben der Frau, welches die Rolle der Frau in der Kulturgeschichte darstellt. Geschrieben hat es Max Haushofers Tochter, die Malerin und Dichterin Marie Haushofer, Regie führt Sophia Goudstikker. Das Festspiel führt die Frau in ihrer kulturhistorischen Entwicklung vor, wie sie sich aus Knechtschaft und Unkultur zu Wissen, Arbeit und Freiheit emporringt. In chronologischer Abfolge treten auf: die klugen und törichten Jungfrauen, Amazonen, Haremsfrauen, Germaninnen, Benediktinerinnnen, ein Trauerzug für den Dichter Frauenlob, Ariost im Gespräch mit Damen der Renaissance, eine Familie aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, französische Damen der Rokokozeit, Königin Luise von Preußen und Rote-Kreuz-Schwestern mit einem Verwundeten.

Die Gegenwart zeigt die letzte Gruppe, in der moderne Frauen auftreten: Telefonistinnen, Buchhalterinnen, Gelehrte, Malerinnen etc. Die allegorischen Figuren Glaube, Liebe, Hoffnung und der Geist der Arbeit, der alle Frauen befreit, begleiten diese werktätigen Frauen. Das weibliche Publikum wird zur Arbeit aufgerufen und zur aktiven Gestaltung der Gegenwart:

Ich bin die Arbeit, und ich führ' sie an,
Die Frau'n von heut sowie den heut'gen Mann!
O glaubt nicht, daß ich in vergang'ner Zeit
Den Frauen fern gewesen sei!
Nur aus der häuslichen Verborgenheit
Trat selten ich in's Leben, offen, frei!
Doch heute steht die Welt in meinem Zeichen!
Und Jung und Alt, die Armen und die Reichen:
Sie alle stehen unter meinem Bann,
Und Jeder thut von ihnen, was er kann!
Es ruht der Menschheit allerbeste Kraft
In dem was Jeder für das Ganze schafft;
Und kargt das Glück, ist ernst das Leben,
So heiligt Arbeit jedes Streben!

Diese arbeitenden Frauen, denen die Gegenwart und die Zukunft gehören soll, werden zur Zusammenarbeit aufgerufen:

So habt ihr endlich Euch gefunden
Von ernster Arbeit treu verbunden!
So mög' es bleiben und ein festes Band
Schling sich um alle Frau'n aus jedem Stand.
Ihr braucht es! Denn der Daseinskampf ist hart,
Und wird kaum einer Einzigen erspart!
Ihr legt die Arbeitshände voll Vertrauen
Hier in die Freundeshände all ' der Frauen,
Die ihre volle Kraft, ihr ganzes Leben
Gewidmet einem ernsten, großem Streben,
Der Kunst, der Wissenschaft, dem Lehrberuf,
Dem regen Treiben, das die Neuzeit schuf!

Den Abschluss bildet der Chor aus den Meistersingern Richard Wagners, dessen Anfangsworte das Motiv der Frauenreformer sind: „Wach auf, es nahet gen den Tag!“

Die Aufführung am 21. Oktober 1899 in München ruft große Anerkennung hervor. 1900 wird das Festspiel auch in Nürnberg und 1902 in der Oper in Bayreuth aufgeführt. Hier erlebt es einen triumphalen Erfolg.

Auch wenn der Erste Bayerische Frauentag zwar vorerst nicht viel an der Lebenssituation des weiblichen Geschlechts verändert, so findet er in der Folge nun alle zwei Jahre statt (1902 in Nürnberg) und wird ein wichtiger Anstoß für eine Gleichberechtigungsbewegung in Bayern, selbst wenn es bis ins 20. Jahrhundert dauern wird, bis einige Hauptziele erreicht werden. So gibt es in München bis 1912 nur eine öffentliche höhere Mädchenschule, die Luisenschule, zu Universitäten werden die Frauen in Bayern 1903 zugelassen.

Für seine öffentlichen Veranstaltungen wählt der Verein stets repräsentative Orte, wie das Hotel Vier Jahreszeiten, den Bayerischen Hof, am häufigsten aber das Café Luitpold in der Brienner Staße, damals ein großer Palast im Renaissancestil. Des weiteren nutzt man auch das Künstlerhaus am Lenbachplatz.

1902 mietet der Verein sein erstes Büro in der Jägerstraße 12, in unmittelbarer Nähe des Wittelsbacher Platzes. 1910 zieht der Verein dann in ein Haus in der Brienner Straße 37, in dem sich bis 1935 das gesamte Vereinsleben konzentriert.

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Ingvild Richardsen