Sanary-sur-Mer: Martha und Lion Feuchtwanger

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Cover von Lion Feuchtwangers Reisebericht "Moskau 1937".

Während der Machtergreifung befindet sich Lion Feuchtwanger auf einer Vortragsreise in den USA. Nachdem seine Bücher verbrannt wurden und sein Name am 23. August 1933 auf der ersten Ausbürgerungsliste steht, lässt er sich mit seiner Frau Martha ebenfalls in Sanary-sur-Mer nieder. Ihre noble Villa Valmer, wird zum Mittelpunkt der Emigrantenkolonie. Hier treffen sich Ernst Bloch, Ludwig Marcuse, Alfred Kerr, Thomas und Heinrich Mann, Ernst Toller, Bertolt Brecht, Arnold Zweig, Egon Erwin Kisch und viele andere mehr. Feuchtwanger verfasst hier auch seinen Roman Exil, der zum bedeutendsten gehört, was die Exilliteratur jener Jahre hervorbringt. Von Mai 1935 bis August 1939 schreibt er am dritten Teil seines Wartesaal-Zyklus.

Ja, Exil zerrieb, machte klein und elend: aber Exil härtete auch und machte groß, reckenhaft. Das Leben des Bodenständigen, des Sesshaften verlangt und verleiht andere Tugenden als das Dasein des Nomaden, des Freizügigen. [...] Der Emigrant hatte weniger Rechte als die anderen, aber viele Beschränkungen, Pflichten und Vorurteile der anderen fielen von ihm ab. Er wurde wendiger, schneller, geschmeidiger, härter. [...] Viele engte das Exil ein, aber den Besseren gab es mehr Weite, Elastizität, es gab ihnen Blick für das Große, Wesentliche und lehrte sie, nicht am Unwesentlichen zu haften. [...] Viele von diesen Emigranten wurden innerlich reifer, erneuerten sich, wurden jünger [...].

An diese Emigranten klammerten sich viele Hoffnungen innerhalb und außerhalb der Grenzen des Dritten Reichs. Diese Vertriebenen, glaubte man, seien berufen und auserwählt, die Barbaren zu vertreiben, die sich ihrer Heimat bemächtigten.

(Lion Feuchtwanger: Exil. Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 1998, S. 134f.)

Für Feuchtwanger werden die Jahre im französischen Exils zu den produktivsten und aktivsten seines Lebens. Er schreibt den zweiten Band der Josephus-Trilogie Die Söhne, den Roman Der falsche Nero und nach einer Reise in die UdSSR den umstrittenen Reisebericht Moskau 1937. Für seine beschönigende Darstellung des Stalinismus erntet er vielfach Kritik. Feuchtwanger bleibt auch im Exil ein gesellschaftlich engagierter Schriftsteller und nimmt an zahlreichen politischen Aktionen teil. Er kämpft für die Umsetzung einer Volksfront und setzt sich im PEN für emigrierte Schriftsteller ein. Zudem ist er im Schutzverband deutscher Schriftsteller aktiv und hilft beim Aufbau der Deutschen Freiheitsbibliothek. Publizistisch unterstützt er zudem die in Moskau erscheinende Emigrantenzeitschrift Das Wort. Derart viel beschäftigt übersieht er die drohenden Vorzeichen und versäumt es, Europa rechtzeitig in Richtung USA zu verlassen.

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Michaela Karl