Geschichte eines Massenwahns

1937 erschien Reck-Malleczewens Wiedertäufer-Roman Bockelson. Geschichte eines Massenwahns. Darin schilderte er den Niedergang der Stadt Münster im 16. Jahrhundert. In der ehemaligen ständisch-konservativen Stadt hatte der kleinbürgerliche Demagoge Jan Bockelson eine populistische Diktatur entwickelt: das Täuferreich von Münster. Das historische Täuferreich Münster als Allegorie auf das nationalsozialistische Deutschland wurde von den Nationalsozialisten durchaus verstanden, so dass das Buch schließlich verboten wurde. Bei aller Kritik am NS-Staat zeigt aber auch dieser Roman das elitäre Weltbild seines Autors, der in der Masse stets nur das Niedere zu erblicken vermochte und die Moderne verabscheute.
Wir stehen heute, genesen vom neunzehnten Jahrhundert, dem Ding, das man gemeinhin „Renaissance“ nennt, anders gegenüber als noch unsere fortschrittsgläubigen Väter, wir beginnen uns zurückzufinden zu der Weisheit, dass die Landschaft gleichbedeutend mit dem Schicksal eines Volkes ist und dass die tödlich sich auswirkenden Eiterabszesse sich nur dort entwickeln, wo ein Volk „gegen die Geographie“ zu leben versucht. Mit all ihren großartigen Fanalen war die Renaissance für Deutschland ja doch gleichbedeutend mit dem Einbruch eines fremden Lebensgefühls [...].
(Friedrich Reck-Malleczewen: Bockelson. Geschichte eines Massenwahns. Droemersche Verlagsanstalt, Wiesentheid 1946, S. 186f.)
Dass Reck-Malleczewen in seinem Roman historische Parallelen zur Französischen Revolution, der Märzrevolution und der Oktoberrevolution zieht, die der Leser durch den Nationalsozialismus ergänzen soll, führt zu einer Gleichsetzung von Faschismus und Massenbewegungen, die durchaus einen Befreiungsanspruch sowie eine soziale Komponente in sich trugen, und entspricht seinem konservativen Weltbild.
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1937 erschien Reck-Malleczewens Wiedertäufer-Roman Bockelson. Geschichte eines Massenwahns. Darin schilderte er den Niedergang der Stadt Münster im 16. Jahrhundert. In der ehemaligen ständisch-konservativen Stadt hatte der kleinbürgerliche Demagoge Jan Bockelson eine populistische Diktatur entwickelt: das Täuferreich von Münster. Das historische Täuferreich Münster als Allegorie auf das nationalsozialistische Deutschland wurde von den Nationalsozialisten durchaus verstanden, so dass das Buch schließlich verboten wurde. Bei aller Kritik am NS-Staat zeigt aber auch dieser Roman das elitäre Weltbild seines Autors, der in der Masse stets nur das Niedere zu erblicken vermochte und die Moderne verabscheute.
Wir stehen heute, genesen vom neunzehnten Jahrhundert, dem Ding, das man gemeinhin „Renaissance“ nennt, anders gegenüber als noch unsere fortschrittsgläubigen Väter, wir beginnen uns zurückzufinden zu der Weisheit, dass die Landschaft gleichbedeutend mit dem Schicksal eines Volkes ist und dass die tödlich sich auswirkenden Eiterabszesse sich nur dort entwickeln, wo ein Volk „gegen die Geographie“ zu leben versucht. Mit all ihren großartigen Fanalen war die Renaissance für Deutschland ja doch gleichbedeutend mit dem Einbruch eines fremden Lebensgefühls [...].
(Friedrich Reck-Malleczewen: Bockelson. Geschichte eines Massenwahns. Droemersche Verlagsanstalt, Wiesentheid 1946, S. 186f.)
Dass Reck-Malleczewen in seinem Roman historische Parallelen zur Französischen Revolution, der Märzrevolution und der Oktoberrevolution zieht, die der Leser durch den Nationalsozialismus ergänzen soll, führt zu einer Gleichsetzung von Faschismus und Massenbewegungen, die durchaus einen Befreiungsanspruch sowie eine soziale Komponente in sich trugen, und entspricht seinem konservativen Weltbild.
Kommentare
ACHTUNG FEHLINFORMATION! "Das historische Täuferreich Münster als Allegorie auf das nationalsozialistische Deutschland wurde von den Nationalsozialisten durchaus verstanden, so dass das Buch schließlich verboten wurde" Dies ist nicht der Fall gewesen. Der Bockelson wurde im Dritten Reich nie verboten. Er erschien niemals auf einer Verbotsliste. Im Gegenteil, nationalsozialistische Regionalzeitungen lobten das Buch sogar für seine "Richtigkeit" seiner "Geschichtsauffassung". Im Hakenkreuzbanner wurde es als Buch rezensiert, dass einen "so rasch nicht mehr loslässt". Die Info auf die sich die Website bezieht ist womöglich von Curt Thesings Das Ende der Termiten, was allerdings falsch ist. Man vergleiche hierzu die jeweiligen Verbotslisten oder die Rezensionen der Zeitschriften (welche gebündelt in Zwischenreiche und Gegenwelten. Texte und Vorstudien zur "Verdeckten Schreibweise" im "Dritten Reich" von Heidrun Ehrke-Rotermund und Erwin Rotermund zu finden sind).
Der Satz "bezieht sich auf Curt Thesings: Das Ende der Termiten" erweckt den Eindruck, Thesing sei der Autor von Das Ende der Termiten. Das haben Sie sicherlich nicht so gemeint? Das Buch wurde nicht verboten. Die Verlage wurden allerdings angewiesen, Recks Bücher nicht mehr zu drucken.