Die Klassiker im KZ

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Friedrich Hölderlin, Porträt von Franz Karl Hiemer

1947 wurde Nico Rosts Tagebuch unter dem Titel Goethe in Dachau veröffentlicht. Der Titel wurde einem Spiel entlehnt, das Rost sich in Dachau ausgedacht hatte. Es begann mit der Frage: „Wie hätte sich Goethe als Häftling in Dachau verhalten?“ und schilderte, wie sich Goethe, Schiller, Kleist, Hölderlin, Schopenhauer und andere Klassiker wohl im Konzentrationslager verhalten hätten. Zudem überlegten sich Rost und seine Freunde plausible Gründe für deren Verhaftung.

Goethe: Sitzt bereits seit zwei Jahren, da er  so hieß es in seinem Schutzhaftbefehl – mit einer Publikation den Namen der nationalsozialistischen Wissenschaft verunglimpft hat. Er wird aber wohl freikommen, denn Hans Carossa hat sich persönlich bei Goebbels für Goethes Freilassung eingesetzt.

(S. 184)

Hölderlin: Verhaftet als asoziales Element. Hatte es abgelehnt, sich für den „Arbeitseinsatz“ zu melden. Erwies sich bereits in den ersten Tagen nach seiner Ankunft in Dachau als so sehr ungeeignet für das Lagerleben dass er von seinem polnischen Blockältesten ins Nervenzimmer des Krankenreviers gebracht wurde, wo sie ihn sofort in eine Zwangsjacke steckten.

Schopenhauer: Verhaftet, weil er Leys Hund, der seinen Pudel Atmaa gebissen hatte ein „plebejisches Rindvieh“ nannte. Bekleidet in Dachau einen prominenten Posten und bekommt viele Pakete, von denen er jedoch nur sehr selten – und dann auch nur an ebenso „Prominente“ eine Kleinigkeit abgibt. Ist außerordentlich stolz und egoistisch, betrachtet die meisten Mitgefangenen nur als „Fabrikware der Natur“.

(S. 186)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Michaela Karl