Dachau im Gedicht

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Fotografie von Kleidern im KZ Dachau (US-amerikanisches Nationalarchiv)

Die Erlebnisse im Konzentrationslager Dachau versuchte Zerfaß in verschiedenen literarischen Formen zu verarbeiten. Es entstanden zahlreiche Gedichte, die sich vor allem an die Leidensgenossen richten. Sie erzählen vom Leid, aber auch davon, dass die Gerechtigkeit dereinst siegen wird. Nichts ist vergessen, das Blatt wird sich wenden, eine neue Zeit wird kommen.

Die ihr gemordet und vergraben,
wähnt ihr für immer stumm gemacht.
Sie sind nicht stumm, ihr hört sie schreien,
wenn ihr, mit Angst im Herzen, lacht.

[...]

So tief die Toten auch vergraben,
sie kommen zu euch Nacht für Nacht.
Und jede Nacht, bis ihr dann endlich
zum Tage des Gerichts erwacht.

(Julius Zerfaß: Dachau. In: ders.: Aus großer Zeit. Erzählungen, Gedichte, Betrachtungen 1933-1945. Hg. v. Hajo Knebel. Prinz Druck, Kirn 1986, S. 104)

Des Himmels Bläue sehn wir nicht,
es wärmt uns nicht der Sonne Licht,
wir glühen nur im Hassen.
Es wühlt in uns die tiefe Schmach,
sie hetzt uns aus den Träumen wach
und wird auch nie verblassen

[...]

Wir schreiten in der Runde,
von uns nimmt niemand Kunde,
die Zeit ist leer.
Heute sind wir Ungenannte,
Geächtete, Verbannte,
doch morgen sind wir mehr!

(S. 106f.)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Michaela Karl