Karl Adolf Gross

Der Journalist und Theologe Karl Adolf Gross wurde am 4. Juli 1892 in Schwäbisch Hall geboren. Sein Vater war Konditormeister, die Eltern besaßen eine Bäckerei. Nach der Realschule begann Gross zunächst eine kaufmännische Ausbildung, ehe er beschloss, Missionar zu werden. Er ging ins Missionshaus nach Basel und studierte nach dem Ersten Weltkrieg Theologie in Tübingen. 1924 wurde er Vikar in Ilsfeld, 1928 Pfarrer in Wälde-Wintertierbach bei Ravensburg. Auf eigenen Wunsch hin schied er 1931 aus dem Kirchendienst aus und übersiedelte nach Berlin, wo er Herausgeber der Zeitschrift Der Freie wurde und einen Verlag gründete. Der antifaschistisch gesinnte Gross publizierte vor allem Schriften von führenden Mitgliedern der Bekennenden Kirche unter anderem von Martin Niemöller.
Nach einer Hausdurchsuchung wurde Gross von der Gestapo verhaftet, seine Unterlagen beschlagnahmt. Nach seiner Freilassung arbeitete Gross unverdrossen weiter. Zum Gedenken an Martin Niemöllers seit zwei Jahren währende Inhaftierung im Konzentrationslager ließ er eine halbe Millionen Kunstkarten mit Worten Niemöllers drucken und verteilen: „Dreimal hatte ich Deutschland im D-Zug durchsaust, um sie an den Mann zu bringen. Als sie dahinterkamen, war es zu spät. Das war blamabel für die Hüter des Staates, aber war es meine Schuld?“ (Karl Adolf Gross: Zweitausend Tage Dachau. Erlebnisse eines Christenmenschen unter Herrenmenschen und Herdenmenschen. Berichte und Tagebücher des Häftlings Nr. 16921. Neubau Verlag, München o.J., S. 11)
Am 20. August 1939 wurde Gross erneut verhaftet und ins Konzentrationslager Sachsenhausen eingeliefert. Am 2. September 1939 wurde er nach Dachau verlegt:
Dachau! Der Name schon machte, dass wir eine Gänsehaut bekamen. Er war Programm. Dieses Lager war berüchtigt und galt als das schlimmste von allen, und die Gestreiften erzählten sich böse Dinge von den Quälereien, denen dort die Häftlinge ausgesetzt waren; es stand im Ruf eines Vernichtungslagers. Verdächtig war, dass viele Juden bei uns waren; mit denen hatten sie bestimmt nichts Gutes vor! Meine bösen Ahnungen! Sie verdichteten sich; ich konnte mich nur dem Schutze Michaels befehlen, des starken Recken.
(Karl Adolf Gross: Zweitausend Tage Dachau. Erlebnisse eines Christenmenschen unter Herrenmenschen und Herdenmenschen. Berichte und Tagebücher des Häftlings Nr. 16921, Neubau Verlag, München o.J., S. 83f.)
(Renata Laqueur: Schreiben im KZ: Tagebücher 1940-1945. Donat Verlag, Bremen 1991, S. 104f.)
Weitere Kapitel:

Der Journalist und Theologe Karl Adolf Gross wurde am 4. Juli 1892 in Schwäbisch Hall geboren. Sein Vater war Konditormeister, die Eltern besaßen eine Bäckerei. Nach der Realschule begann Gross zunächst eine kaufmännische Ausbildung, ehe er beschloss, Missionar zu werden. Er ging ins Missionshaus nach Basel und studierte nach dem Ersten Weltkrieg Theologie in Tübingen. 1924 wurde er Vikar in Ilsfeld, 1928 Pfarrer in Wälde-Wintertierbach bei Ravensburg. Auf eigenen Wunsch hin schied er 1931 aus dem Kirchendienst aus und übersiedelte nach Berlin, wo er Herausgeber der Zeitschrift Der Freie wurde und einen Verlag gründete. Der antifaschistisch gesinnte Gross publizierte vor allem Schriften von führenden Mitgliedern der Bekennenden Kirche unter anderem von Martin Niemöller.
Nach einer Hausdurchsuchung wurde Gross von der Gestapo verhaftet, seine Unterlagen beschlagnahmt. Nach seiner Freilassung arbeitete Gross unverdrossen weiter. Zum Gedenken an Martin Niemöllers seit zwei Jahren währende Inhaftierung im Konzentrationslager ließ er eine halbe Millionen Kunstkarten mit Worten Niemöllers drucken und verteilen: „Dreimal hatte ich Deutschland im D-Zug durchsaust, um sie an den Mann zu bringen. Als sie dahinterkamen, war es zu spät. Das war blamabel für die Hüter des Staates, aber war es meine Schuld?“ (Karl Adolf Gross: Zweitausend Tage Dachau. Erlebnisse eines Christenmenschen unter Herrenmenschen und Herdenmenschen. Berichte und Tagebücher des Häftlings Nr. 16921. Neubau Verlag, München o.J., S. 11)
Am 20. August 1939 wurde Gross erneut verhaftet und ins Konzentrationslager Sachsenhausen eingeliefert. Am 2. September 1939 wurde er nach Dachau verlegt:
Dachau! Der Name schon machte, dass wir eine Gänsehaut bekamen. Er war Programm. Dieses Lager war berüchtigt und galt als das schlimmste von allen, und die Gestreiften erzählten sich böse Dinge von den Quälereien, denen dort die Häftlinge ausgesetzt waren; es stand im Ruf eines Vernichtungslagers. Verdächtig war, dass viele Juden bei uns waren; mit denen hatten sie bestimmt nichts Gutes vor! Meine bösen Ahnungen! Sie verdichteten sich; ich konnte mich nur dem Schutze Michaels befehlen, des starken Recken.
(Karl Adolf Gross: Zweitausend Tage Dachau. Erlebnisse eines Christenmenschen unter Herrenmenschen und Herdenmenschen. Berichte und Tagebücher des Häftlings Nr. 16921, Neubau Verlag, München o.J., S. 83f.)
(Renata Laqueur: Schreiben im KZ: Tagebücher 1940-1945. Donat Verlag, Bremen 1991, S. 104f.)
Kommentare
Ihr Porträt lässt einen zentralen Teil des Menschen Karl Adolf Gross unerwähnt und ist deshalb nur teilweise stimmig. Gross ist keineswegs auf eigenen Wunsch aus dem Dienst seiner Landeskirche ausgeschieden, sondern weil er als schwuler Mann nicht leben durfte, wie er war. Er wurde dadurch Opfer von Erpressungen, ließ sich auf waghalsige und ungesetzliche Finanzgeschäfte ein. Und so stand er 1931, mitten in der Wirtschaftskrise, vor dem Nichts. Die Nationalsozialisten verfolgten ihn wegen seines widerständigen Verhaltens und als Homosexuellen und nach 1945 blieb er ausgegrenzt und kriminalisiert, weil NS-Unrecht in Gestalt des verschärften §175 bis 1969 auch bundesdeutsches Recht blieb. Wegen seiner sexuellen Identität verlor er seinen Beruf, seine Freiheit, seine Gesundheit und in letzter Konsequenz sogar sein Leben, als er 1955 an den Spätfolgen seiner KZ-Gefangenschaft starb. All dies wegzulassen, wird der Person nicht gerecht.