Hedwig Dohm

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Hedwig Dohm 1870

Die Großmutter von Katia Mann war entsetzt vom Hurrapatriotismus gerade so vieler Frauen aus der Frauenbewegung. Die engagierte Frauenrechtlerin war eine kompromisslose Pazifistin, die unermüdlich gegen den Krieg anschrieb.

Das hohe Lied des Friedens harfen die Engel aus seligen Höhen, den wilden Kriegsgesang spielen die Kanonen zu Totentänzen auf, und man erwartet von den Tänzern noch Freudensprünge. „Krieg muss sein, um den Begriff der Menschheit zu realisieren?“ Mitnichten. Der Krieg realisiert die Tierheit im Menschentum, ihre Gottnatur wird sich erst realisieren, wenn der Krieg – das Kainszeichen der Menschheit – gelöscht ist, der Bruder nicht mehr den Bruder totschlägt, wenn aus aller Seelen der hymnische Jubel sich löst: „Alle Menschen werden Brüder“ [...]

(Hedwig Dohm: Der Missbrauch des Todes. Senile Impressionen [1917]. In: Ausgewählte Texte. Hg. v. Nikola Müller & Isabel Rohner. Trafo Verlag, Berlin 2006, S. 299.)

Noch in ihrem letzten Artikel „Auf dem Sterbebett“, verfasst nur wenige Tage vor ihrem Tod, schildert sie ihren Abscheu vor dem Krieg:

Nichts hasste die Sterbende in der Welt als einzig und allein den Krieg. Sie sah ihn wie den Ausbruch des Vesuvs, der mit seiner glühenden Lava das Land versengt, oder wie einen Vampir, der sich einsaugt, in die Menschenbrüste und sich wollüstig mit ihrem Blut mästet. Und dem lieben schuldlosen Gott wurde die Hauptrolle in dem blutigen Ringen zugewiesen. In diesem Kriege war Gott die populärste Figur. Alles was geschah wurde ihm in die Schuhe geschoben. [...]

Vielleicht nickte er auch beifällig dazu, wenn Millionen blühender junger Menschen zerfleischt oder vergiftet zu Hunderten in irgendein Loch verscharrt wurden - warum schluchzten denn die Mütter die ihre in der Ferne verfaulenden Söhne nie wiedersehen sollten? Sie starben ja den Heldentod, hatten sich mit Hochgenuss für das Vaterland geopfert, in den Ausbruch einer Begeisterung von Gottes Gnaden.

(Hedwig Dohm: Auf dem Sterbebett. In: Ebda., S. 301.)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Michaela Karl