Nesthäkchen zieht in den Krieg: Propaganda im Kinder- und Jugendbuch

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Waldemar Bonsels

Der Militarismus des deutschen Kaiserreiches schlug sich auch in der Kinderliteratur nieder, wobei die literarische Verherrlichung des Soldatentums länderübergreifend war. Nur selten jedoch gab es derart ausgeprägte Feindbilder wie das Deutsche Reich sie kultivierte. Die siegreiche Abwehr des „Erbfeindes“ Frankreich war ein beliebtes Thema in Büchern für Kinder und Heranwachsende. „Die Wacht am Rhein“ und „Heil dir im Siegerkranze“ fanden sich wie selbstverständlich auch in Liederbüchern für Kinder wieder. Während Bücher für Jungen darauf abzielten, sie in militärischem Sinne staatstreu zu erziehen und ihnen die Ehre einzuimpfen, fürs Vaterland zu sterben, entstand für Mädchen in jener Zeit eine sogenannte Mädchenkriegsliteratur, die Mädchen früh als Soldatenbräute konditionieren sollte. Die politische Dimension des Kinderbuches zeigte sich bereits in Friedenszeiten. Waldemar Bonsels Biene Maja war hier keine Ausnahme. Als es im letzten Kapitel zur finalen Schlacht zwischen Bienen und Hornissen kommt, übermittelt die Bienenkönigin den Hornissen eine Botschaft, die sich aus der berüchtigten Hunnenrede Wilhelm II. von 1900 speist: „Wir Bienen liefern die Toten aus, wenn ihr sie mit euch nehmen wollt. Gefangene sind nicht gemacht.“ (Waldemar Bonsels: Die Biene Maja und ihre Abenteuer. DVA, Stuttgart 1975, S. 164.) Mit heiligem Zorn und Opferwillen ziehen die tapferen Bienen gegen die verschlagenen Hornissen in die Schlacht.

(Friedrich, Stephan [1996]: Nesthäkchen im Weltkrieg. Das Kinderbuch erklärt den Krieg. In: Geschichte, Politik und ihre Didaktik 24, H. 3/4, Paderborn, S. 222-231.)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Michaela Karl