Heimliche Liebe

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Karl Valentin, Fotografie von L. Bollinger (Bayerische Staatsbibliothek/Porträtsammlung)

Im Juli 1911 heiratet Karl Valentin Gisela Royes, die Mutter seiner beiden Töchter. Liesl Karlstadt ist da schon an seiner Seite, nicht nur als Bühnenpartnerin. Zum Jahreswechsel 1912 schreibt er ihr: „Möge es uns vergönnt sein, das neue Jahr und noch viele andere Jahre mitzumachen in der wahren Liebe zueinander wie bisher. Gesundheit und unser köstlicher Humor soll uns nie verlassen, und bleibe fernerhin mein gutes braves Lieserl.“ (Karl Valentin: Brief an Liesl Karlstadt, München 31. Dezember 1912. In: Ders.: Werke. Bd. 6. „Hochwohlgeborene Firma!“ Briefe. Hg. von Gerhard Gönner. Piper, München und Zürich 2007, S. 19.) In der Öffentlichkeit nennt Karl Valentin sie jedoch auch weiterhin „das Fräulein Karlstadt“. Offiziell sind die beiden bis zu ihrem Tode nichts weiter als Kollegen. Für Liesl Karlstadt wird das Verhältnis mit Valentin zum Wechselbad der Gefühle. Auf der einen Seite das distanzierte „Fräulein Karlstadt“, auf der anderen Seite heiße Liebesschwüre.

Dies hier ist eine Flasche Seckt
Die Dir hoffentlich auch schmeckt
Und an einem Tag zu „Zweit“
leern wir sie voll Geiligkeit

(Karl Valentin an Liesl Karlstadt, Weihnachten 1919. In: Ders.: Werke. Bd. 6. „Hochwohlgeborene Firma!“ Briefe. Hg. von Gerhard Gönner. Piper, München und Zürich 2007, S. 25.)

Zweifellos liebt Karl Valentin Liesl Karlstadt sehr. Seine zärtlichen Briefe sprechen eine deutliche Sprache. Als sie aus dem Urlaub vom Gardasee zurückkehrt, schreibt er ihr bereits im Vorfeld:

Liebe billige Wellanolieslkarlstadtly!

Es freut mich zwergisch, dass Du am Donnerstag den 5 Mai wieder da bist. Karlsthor-Isarthor-Sendlingerthor. Siegesthor, Salvator alles ist schon dekoriert. [...] Sämtlichen Leberkäs und Weißwürste habe ich schon vernichten lassen. In Deiner Wohnung befinden sich bereits 3000 Zentner Spagetti und Polenta.

(Karl Valentin an Liesl Karlstadt, 2. Mai 1932 nach Torbole/Gardasee. In: Ders.: Werke. Bd. 6. „Hochwohlgeborene Firma!“ Briefe. Hg. von Gerhard Gönner. Piper, München und Zürich 2007, S. 53f.)

Valentin lebt mit Frau und Kindern, Karlstadt mit ihrer Schwester Amalie. Und so wird es bleiben. Erstaunlich lange begnügt sie sich mit der Rolle der Zweitfrau. Erst 1927 hat sie die Rolle der heimlichen Geliebten satt und verlobt sich mit dem Chauffeur Josef Kolb.

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Michaela Karl