Literatur und Frieden

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Marcel Proust, um 1900

1925 übersiedelt die Familie Hessel nach Paris. Helen will Henri endgültig für sich gewinnen. Sie arbeitet nun als Modekorrespondentin für die Frankfurter Zeitung. Franz kehrt nach Berlin zurück. Während Henri in der Rue Boucicaut aus und eingeht, kommt Franz Hessel nur noch als Besucher in die französische Hauptstadt. Durch die Inflation um sein Vermögen gekommen, arbeitet er nun als Lektor für den Rowohlt Verlag, wo er Mascha Kaléko zum Durchbruch verhilft.

Ich und Du wir waren ein Paar
Jeder ein seliger Singular
Liebten einander als ich und Du
Jeglicher Morgen ein Rendezvous

[...]

Liebten einander in Wohl und Wehe
Führten die einzig mögliche Ehe
Waren so selig wie Wolke und Wind
Weil zwei Singulare kein Plural sind.

(Mascha Kaléko: Ich und Du. In: Dies.: In meinen Träumen läutet es Sturm. Gedichte und Epigramme aus dem Nachlass. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1993, S. 37.)

Er profiliert sich als Übersetzer aus dem Französischen, unter anderem von Marcel Proust, und tritt immer wieder selbst als hochgelobter Autor in Erscheinung.

In einer Generation von Dichtern, deren kaum einer von der Erscheinung Stefan Georges unberührt geblieben ist, hat Hessel Jahre, die anderen über der Verbreitung von Dogmen, über einem schon wankenden Bau der Erziehung vergingen, mythologischen Studien, Homer und dem Übersetzen zugut kommen lassen. Wer seine Bücher zu lesen versteht, fühlt wie sie alle zwischen den Mauern alternder Großstädte, den Ruinen des vorigen Jahrhunderts, die Antike beschwören. Doch wenn er so mit weitgespanntem Bogen seine Lebens- und Schaffenskreise durch Griechenland, Paris, Italien schlägt, die Mitte dieses Zirkels hat immer in seiner Stube am Tiergarten aufgeruht, die seine Freunde selten ohne ein Wissen von der Gefahr betreten, in Helden verwandelt zu werden.

(Walter Benjamin: Nachwort zu Franz Hessel: Heimliches Berlin. Berlin Verlag, Berlin 2013. S. 131f.)

In der Beschäftigung mit der Literatur findet Franz Hessel seinen Seelenfrieden.

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Michaela Karl