Literarische Szenen einer Ehe

https://www.literaturportal-bayern.de/images/lpbthemes/2014/klein/liebespaare_Quetzalcoatl_telleriano_500.jpg
Quetzalcoatl als gefiederte Schlange im Codex Telleriano-Remensis, eine der zentralen Figuren im Roman "Die gefiederte Schlange" von D. H. Lawrence

Frieda wird zur Heldin der Romane und Erzählungen ihres Mannes. Sie ist die trotzige Seele Harriet Somers in Kangaroo; Lawrence erzählt darin ihre drei Monate in Australien 1920. Sie ist die erotisch hörige Kate Leslie in Die Gefiederte Schlange, dessen Schauplatz Mexiko wird, die respektlose Ehefrau Tanny Lilly in Aarons Stab und Ursula Brangwen in Liebende Frauen:

Schweigend arbeiteten die beiden Schwestern weiter. Ursula war dabei stets von einem merkwürdigen Leuchten erfüllt, als ob in ihr eine Urflamme gefangen und mit ihr verschmolzen wäre. [...] In ihrem tätigen Leben hing noch alles in der Schwebe, doch darunter, im Dunkeln entwickelte sich etwas. Wenn sie nur die letzten Hüllen durchbrechen könnte! Es schien, als wolle sie die Hände nach draußen strecken, wie ein Kind aus dem Mutterleib, doch sie konnte es nicht, noch nicht.

(D. H. Lawrence: Liebende Frauen. Diogenes, Zürich 2008, S. 9.)

„Wir werden ein perfektes Gespann sein: Du weißt wie ich dich liebe“, sagte Harriet... „Niemals“, sagte Lovat. ... „Ich werde Herr und Meister sein...“ „Du!“ rief sie aus. „Du Herr und Meister!... Pah! So siehst du aus. Laß dir gesagt sein, dass ich dich viel, viel mehr liebe als du je geliebt zu werden verdienst, und das solltest du anerkennen. ... Ohne mich wärst du nirgendwo, wärst du gar nichts, wärst du nicht so viel“, und dabei schnippte sie mit den Fingern unter seiner Nase, eine Geste, die er besonders verabscheute.

(D. H. Lawrence: Kangaroo [1923], zit. nach: Jüngling, Kirsten; Roßbeck, Brigitte [1998]: Frieda von Richthofen. Ullstein, Berlin, S. 214.)

„Alles in allem“, sagte sie mit einem kleinen Lachen, „kann ich es nicht so wundervoll finden, dass du heim in meine Arme eilst, wenn du dich dabei so unfreundlich aufführst.“

„Ich hätte also lieber wegbleiben sollen?“ fragte er.

„Von mir aus…“ [...]

Nach einer Viertelstunde kam sie lachend wieder herein. Lachend machte sie die Tür zu, und lachend trat sie zu ihm heran. „Ach, du dummer Kerl“, sagte sie [...]

„Warum stemmst du dich dagegen, dass du mich lieben musst?“ fragte sie. „Hast du Angst?“ [...]

All das gipfelte in der Erkenntnis des Mannes: „Ich für meinen Teil bin ohne dich erledigt.“

(D. H. Lawrence: Neue Eva und Alter Adam. In: Ders.: Der Mann, der Inseln liebte. Sämtliche Erzählungen IV. Diogenes, Zürich 1975, S. 200-224.)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Michaela Karl