Antifaschistinnen

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Ellen Amann 1920

Nach dem Ende der Revolution verändert sich das einst liberale München in einen Hort der Reaktion. Zunehmend werden die Versammlungen der Frauenbewegung von den immer präsenter werdenden Nationalsozialisten gestört. Noch sind die Frauen nicht so leicht einzuschüchtern, glauben, das Recht auf ihrer Seite zu haben. Nach einer gewalttätigen Auseinandersetzung mit nationalsozialistischen Schlägern auf einer Friedensversammlung sprechen Augspurg und Heymann an der Spitze einer Frauendelegation beim bayerischen Innenminister Schweyer vor: „Wir Frauen nahmen den Herrn Innenminister ins Verhör; legten ihm geistige Daumenschrauben an, wiesen ihm klipp und klar nach, dass die Zustände in Bayer. ungesetzlich seien, dass überall mit zweierlei Maß gemessen werde. [...] Wir forderten nicht weniger als die Ausweisung Hitlers aus Bayern.“ (Lida Gustava Heymann: Erlebtes Erschautes. Ebda., S. 222.)

Damit schaffen sie den Sprung nach ganz oben auf der schwarzen Liste der Nationalsozialisten. Als es im November 1923 zum Hitlerputsch kommt bittet die bayerische Landtagsabgeordnete Ellen Ammann Augspurg und Heymann dringend, München zu verlassen, da ihnen größte Gefahr drohe: „Viel später erfuhren wir, dass die Nationalsozialisten für die erhoffte ‚Nacht der langen Messer‘ eine Liste aller ihnen unliebsamen Menschen in München aufgestellt hatte, die durch ihre Horden zu beseitigen waren. Auf dieser Liste standen unsere Namen“ (Lida Gustava Heymann: Erlebtes Erschautes. Ebda., S. 224.)

Anita Augspurg und ihre Gefährtin kehren München nun immer öfter den Rücken, reisen durch Europa, Nordafrika und die USA. Am 21. Januar 1933 sind Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann zum letzten Mal in München. Wie immer wollen sie im Winter Richtung Süden aufbrechen:

Da ereignete sich ein merkwürdiger Zwischenfall, der uns viel später wieder in Erinnerung kam. Unsere „Hausfee, die akademische Hausmeisterin“ – von uns zu ihrem höchsten Stolze so genannt, weil sie neben ihrer Hausmeisterei im Hauptberuf als Reinemachefrau an der Universität angestellt war – half uns , unser leichtes Gepäck, vier japanische Handtaschen, ins Auto zu bringen. Beim Abschied brach sie plötzlich haltlos in Tränen aus, hielt unsere Hände fest und stammelte schluchzend: „Kommen Sie gesund zurück; kommen Sie mir gesund zurück!“ Das kam uns ganz unerwartet. Wir trösteten sie, so gut es in der Hast der Abfahrt ging. In schmerzerfüllter Haltung, durch Tränen getrübten Blickes mit der Hand winkend, sahen wir sie noch stehen, als unser Auto um die Ecke bog. [...] Meine Schwester, die uns zur Bahn begleitete, war von dem Vorfall stark beeindruckt und meinte: „Das ist mir ganz unheimlich! Kinder, nun seid nur nicht wieder so unvorsichtig wie gewöhnlich.“ Was wir mit hellem Lachen quittierten. 

(Lida Gustava Heymann: Erlebtes Erschautes. Ebda., S. 306.)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Michaela Karl