Agnes Bernauer in der Belletristik

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Kolorierter Holzstich der Agnes-Bernauer-Kapelle in Straubing.

Erste Erzählungen entstanden schon im 19. Jahrhundert. Darunter Friederike Lohmanns Die Schwalben oder August Wergs Der Engel von Augsburg. Um die Jahrhundertwende entstanden mehrere Romane über Agnes Bernauer und 1924 erschien Agnes Bernauer, das Opfer treuer Liebe von Julius Bernburg, dem während des Nationalsozialismus weitere Romane folgten, die jedoch zu sehr von nationalsozialistischer Ideologie durchdrungen waren, als dass sie ihre Zeit überstanden hätten. In der Bundesrepublik lag das Thema lange Zeit brach, bis 1990 Manfred Böckl den Roman Agnes Bernauer. Hexe, Hure, Herzogin veröffentlichte.

„Jetzt bist du frei“, sagte Albrecht zu der Siebzehnjährigen, als er sie – er hatte sich die Freude nicht nehmen lassen wollen – über die Schwelle der Schlafkammer trug. „Und es wird auch niemand in Augsburg wagen dürfen, das Maul gegen dich zu wetzen, denn der Peutinger hat mir versprochen, diskret seine Hand über dich zu halten, wenn ich abwesend bin.“

„Das ist schön“, antwortete Agnes, „es tut schon gut, wenn man das Gefühl hat, keine Ausgestoßene mehr zu sein. Was aber meine Freiheit angeht, du Lügner, muss ich dir widersprechen! Als ob ich dir nicht hilfloser als jede Eingekerkerte ausgeliefert wäre; wegen meiner Liebe zu dir...“

(Manfred Böckl: Agnes Bernauer. Hexe, Hure, Herzogin. Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 2001, S. 62)

Der österreichische Schriftsteller Richard Wunderer legte mit Agnes Bernauer und ihr Herzog die aktuell letzte Romanfassung des Bernauerstoffes vor. Auch er schildert Agnes und Albrecht als sozialen Widerpart zu Herzog Ernst:

„Ich bemühe mich um Gerechtigkeit“, sagte er zwischen einem Bissen Wild und einem Schluck Rotwein. „Das ist meistens nicht ganz einfach, denn hier befinde ich mich auf dem Machtgebiet meines Vaters. Er sorgt dafür, dass den Rittern und Gutsherren alle Schäden ersetzt werden, die ihnen durch Kriege oder umherstreifende Räuberbanden entstanden sind. Also finde ich unter der Ritterschaft wenig Unterstützung, wenn ich auch den Bauer etwas für ihre verwüsteten Felder und verbrannten Häuser geben will.“

„Dein Vater ist ungerecht! Gerade die Ärmsten brauchen die meiste Hilfe um auch künftig zu überleben!“ empörte sich Agnes und schob ihren Teller so heftig zurück, als wolle sie ihre Mahlzeit für die Hungernden aufheben.

(Richard Wunderer: Agnes Bernauer und ihr Herzog. Rosenheimer Verlagshaus, Rosenheim 1999, S. 147f.)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Michaela Karl

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