Der Tatort

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Foto: Franz Klug

Ohne genau zu wissen, warum er es tat, hatte Kajetan bei seinem Rückweg den Ort aufgesucht, an dem der Präsident niedergeschossen worden war. Er versuchte sich vorzustellen, wie der Tag abgelaufen war, wie Graf Arco am Eingang der Vereinsbank gewartet hatte, bis die fünf Männer an ihm vorbeigegangen waren, dann von hinten auf den Präsidenten zugelaufen war und drei Schüsse abgegeben hatte.

Kajetan bleibt eine Weile an der Stelle stehen, an der Eisner erschossen worden ist. Ratlos beobachtet er die Umgebung.

Auch heute waren da einzelne Passanten, unterhielten sich flüsternd und wiesen auf das Pflaster, auf dem noch immer Spuren dunklen Bluts erkennbar zu sein schienen. An der Hauswand hing ein kleines gerahmtes Porträt des Toten, vor dem manche ehrerbietig den Hut zogen. Andere wiederum grinsten in unverhohlener Zufriedenheit. Der Inspektor setzte seinen Weg fort. Was suchte er hier? Sein Fall war ein völlig anderer. Es ging um den Tod eines alten Mannes und um das Verschwinden eines Journalisten, der dafür vermutlich verantwortlich war.

(Robert Hültner: Inspektor Kajetan und die Sache Koslowski. btb, München 1998, S. 76ff.)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Gunna Wendt