Auf dem sauber gedeckten Tisch standen zierliche Tassen und Kannen, deren eine jede in einem bunt bemalten Kranz die goldene Inschrift trug: Lebe Glücklich! (Erinnerungen einer Überflüssigen, S. 188)

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Glücksglas aus Lena Christs "Künikammer" (Foto: Privatbesitz)

Um in den geheimnisvollsten Raum des großelterlichen Hansschusterhauses in Glonn zu gelangen, musste die kleine Lena ein Verbot übertreten: In der Künikammer oder Königskammer, die sie gern aufsuchte, fand sie kostbare Gegenstände, die sie träumen ließen, von feiner Herkunft zu sein. In den Erinnerungen einer Überflüssigen schwärmt sie: „Es war das die beste Stube des Hauses, angefüllt mit den Schätzen, die von den Ureltern auf uns gekommen waren; auch die Möbel darin stammten aus alter Zeit.“ (Erinnerungen einer Überflüssigen, S. 30) Die Künikammer war für Lena eine Mischung aus Schlaraffenland und Ali Babas Schatzhöhle. Wie der berühmte Räuber verschaffte sie sich heimlich Eintritt in den verbotenen Raum. Dort konnte sie in Phantasien über ihre Herkunft schwelgen. All das, was sie darin fand, war Beweis dafür, dass ihre Vorfahren etwas Besonderes gewesen sein mussten und in Wohlstand gelebt hatten.

Lena Christ sollte ihr Faible für schöne Dinge ihr Leben lang behalten. Ihr Ehemann Peter Jerusalem (Benedix) berichtet in seinem Buch Der Weg der Lena Christ „mit welcher Freude sie ihm jedes Mal ihre neuen Schätze vom Trödelmarkt präsentierte: einen Bierkrug etwa aus Glas, der mit eingeschliffenen Figuren, Blumen und Ornamenten geschmückt war und „bloß vier Markl“ gekostet habe. Waren es anfangs die Schaufensterauslagen, die sie anzogen, betrat sie bald schnurstracks die Läden und stöberte herum, spähte auch in die hintersten Ecken, sodass sie natürlich immer etwas Schönes fand. Sie konnte es kaum erwarten, dass die Auer Dult auf dem Mariahilfplatz eröffnet wurde. Innerhalb kurzer Zeit glich ihre Wohnung einem Museum, mit dem Unterschied, dass die Gegenstände nicht systematisch gesammelt und katalogisiert, sondern beinahe jeden Tag „liebevoll in die Hand“ genommen wurden:  Ketten, Ohrringe, Haarnadeln, Geschirr, Gläser, Porzellanfiguren, der Rosenkranz, die Riegelhaube, die Wachsmodeln. Viele findet man in ihren Werken wieder, wie die Gläser mit der Aufschrift „Lebe glücklich! / Sei glücklich!“  in den Lausdirndlgeschichten und den Erinnerungen einer Überflüssigen.

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Gunna Wendt