Miki Sakamoto über München

Ich war in Europa angekommen, fast schon in Deutschland und bald in München, meinem Ziel! Doch die Ankunft in München beunruhigte mich. Wo war ich gelandet? Auf einem fernen Ausweichflughafen? Irgendwo in der Provinz? Der Ankunftsort war so winzig, dass das gar nicht München sein konnte. Ach ja, „München-Riem“ ist zu lesen, also ist es doch der falsche Flughafen. Wie werde ich nun zu meiner Gastfamilie kommen? Die Frau des Hauses wollte mich am Münchner Flughafen abholen, da ich privat als Au-pair-Mädchen kam. Zum Glück war es doch der Münchner Flughafen! Noch ahnte ich nicht, dass München der Einwohnerzahl nach kaum mehr als ein mittelmäßiger Vorort von Tokio war. Eine gute Million Einwohner sollte München haben – bloß! Für Tokio nahm man damals (1975) etwa zwölf bis vierzehn Millionen an ... Gleich außerhalb des Flughafens fing die Stadt an. Und München blühte. Fast wie im Traum sah ich die von rosafarbenen Blütenknäueln überquellenden japanischen Zierkirschen und das leuchtende Gelb der Forsythien in den Gärten und Anlagen. Blauer Föhnhimmel darüber. Kein Smog, wie über den japanischen Großstädten. Frühlingsblumen blühten überall. „Hier gefällt es mir“, dachte ich und stellte mir vor, alle vier Jahreszeiten in München zu erleben.

Miki Sakamoto, Münchner Freiheit. Fernöstliche Blicke auf die Weltstadt mit Herz, 2007 (Zit. aus: Miki Sakamoto: Münchner Freiheit. Fernöstliche Blicke auf die Weltstadt mit Herz. München 2007, S. 9)

 

Miki Sakamoto (geb. 1950), japanische Schriftstellerin; Aufenthalt in München: seit 1975

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek