Kulturelle Barrieren

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Passionstheater Oberammergau. Die Passionsspiele von 1850, die Tautphoeus beschreibt, werden von knapp 45.000 Leuten besucht; die Passionsspiele von 2022 besuchen zehnmal so viele Menschen.

Wie auch Tautphoeus‘ andere Romane, richtet sich Quits an ein vorrangig englischsprachiges Publikum. Noras Onkel Mr. Nixon ist als Figur zum einen dazu angelegt, mit seiner Unwissenheit für Lacher zu sorgen, zum anderen den Leser*innen die Unterschiede zwischen Bayern/Deutschland und England näher zu legen. Ein eindrückliches Beispiel sind die bereits erwähnten Passionsspiele. Mr. Nixon weigert sich, die Aufführung anzusehen, da er sie als unangemessen empfindet; Nora nimmt teil, aber nur zögerlich. Obwohl sie dann von der Aufführung begeistert ist, erzählt sie Charles später, dass sie, wenn sie die Macht dazu hätte, sämtliche Aufführungen verbieten würde, die Jesus als Figur beinhalten.

Die religiöse Ikonographie in Bayern insgesamt ist Mr. Nixon ein Dorn im Auge: Trotz Noras Begeisterung über die Passionsspiele

wollte [er] nichts von der Erklärung hören und bei der Erwähnung der Gemälde und Bildsäulen sprach er ebenso bestimmt seine Mißbilligung der Anwesenheit derselben in den Kirchen aus und verfehlte am folgenden Tage auf der Reise nie, sein ernstes Mißfallen über jeden Altar der heiligen Jungfrau und alle Crucifixe, an denen sie vorüberkamen, zu erkennen zu geben.

(Quitt, Bd. II, S. 144)

Auch sprachliche Barrieren machen Mr. Nixon zu schaffen. Nach ihrer Wanderung nach Peißenberg fühlt er sich nicht gut und als er hört, dass sich ein Doktor im selben Gasthof wie er befindet, belästigt er ihn so lange, bis dieser ihm erklärt, dass er Doctor Juris und nicht Doctor Medicinae ist.

Wie in ihren anderen Romanen baut die Autorin deutsche Wörter in die Geschichte ein. Dem Wort wildschuetz wird dabei eine besonders prominente Rolle zuteil: John ist während seines Aufenthalts in Bayern hauptsächlich mit Wilderei beschäftigt, sodass der Begriff oft wiederholt wird und der Unterschied zwischen einem ‚Wildschütz‘ und einem ‚Wilddieb‘ erklärt wird, ebenso wie die Romantisierung von Wildschützen zur damaligen Zeit.

Quits unterscheidet sich von den anderen Geschichten insofern, dass es in einem ländlichen Dorf spielt und nicht in einer Stadt. Durch die Wahl dieses Handlungsorts bekommen die Leser*innen einen intensiven Einblick in das bäuerliche Milieu und ausführliche Beschreibungen der Gegend, in der sie leben. Die Leute, denen Nora auf ihren Reisen und in Almenau begegnet, unterscheiden sich von ihr somit sowohl bezüglich ihrer Nationalität als auch ihres sozio-ökonomischen Standes. Durch Nora und ihre Familienmitglieder werden die kulturellen Unterschiede zwischen den englischen und bayerischen Charakteren erklärt; oft schlagen diese Beschreibungen aber auch ins Wertende um und zeigen, dass Nora trotz ihrer Neugier teils abwertend über die Dorfleute denkt. Gleichzeitig wird dieser Zustand der Gegend – die Gesellschaft, die Natur, die Kleidung, die Architektur – stark romantisiert. Wie Tautphoeus‘ andere Romanen enthält Quits eine Fülle an Details über die Orte, die Nora besucht und die Gewohnheiten der Einheimischen.

Verfasst von: Johanna Hadyk