Kunst im Hain

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© Thomas Lang

Nicht nur Theater und Musik, auch die Kunst findet heuer gern im Freien statt. Dabei ist mir nicht klar, ob es sich beim Kunstpavillon um eine eingeführte oder neue Veranstaltung handelt. Jedenfalls gibt es im Luisenhain, schräg gegenüber der Villa, fünf Pavillons, die an diesem Sonntag von fünf Künstlerinnen und Künstlern bespielt werden. Der Eintrag auf einem Bamberger Kultportal verspricht: „Gerade jetzt bietet die älteste Grünanlage der Stadt Bamberg sowohl den Besucher*innen als auch den Künstler*innen die Möglichkeit, mit den Herausforderungen unserer Zeit umzugehen. So unterschiedlich wie die Pavillons, so vielfältig präsentieren sich die Künstler*innen in ihren Genres: Malerei, Grafik, Skulptur, Plastik, Installation und Scherenschnitt.“

Wir befinden uns noch vor der großen Hitzewelle dieses Sommers, der Himmel ist bewölkt, Regen angekündigt. Ich treffe eine Mitstipendiatin bei der Plastik „Air-Earth“ des Katalanen Jaume Plensa an der Oberen Mühlbrücke. Zur Stunde hockt der frisch gesäuberte Fiberglas-Mann eher unscheinbar auf seiner 6 Meter hohen Stange über dem Fluss. Abends aber leuchtet er in wechselnden Farben.

Nach zehn Minuten gelangen wir zum ersten Pavillon. Die Künstlerin dort beschäftigt sich mit dem Ginkgo-Blatt, in dem Bau selbst hat sie eine Menge herbstlich-gelben Laubs angehäuft und auch auf ihren Bildern spielt das gespaltene Blatt des exotischen Baums eine prominente Rolle. Goethe beschrieb darin seine eigene Ein- und Doppelgestalt. Auf der Wiese liegen Abzüge von Fotos auf einer Art wasserdichten Folie. Eine Treppenleiter daneben lädt uns ein, die Bilderkreis von oben zu betrachten, wirkt auf mich jedoch wenig standfest.

Trotz des zweifelhaften Wetters ist einiges an Publikum unterwegs, wir orientieren uns aus mangelnder Ortskenntnis einfach an diesen Flaneuren und Flaneusen und gelangen so von Ausstellung zu Ausstellung. Zwei Männer kommen uns entgegen, einer mit Tuba, der andere im hellen Anzug ist der Schauspieler, den ich neulich schon bei der Abstands-Soiree im Hain gesehen habe. Leider verpassen wir ihren Auftritt ebenso wie die anderen angekündigten Unterhaltungen – „Sommerversen und -klängen“.

Die Stimmung hier ist sehr gelassen, nach den Maßstäben der Zeit sogar leicht anarchisch. In einem der Pavillons werden Sekt und Knabbereien angeboten, als wäre das ein Vernissage wie immer. Die Ausstellungen sind als Verkaufsausstellungen angelegt, den Eindruck, dass die ausgestellte Kunst ebenfalls unter diesem Primat steht, kann ich nicht von der Hand weisen. Auf dem Weg zum Sonnentempel holt uns der Regen ein und wir müssen unter der bald schwer durchhängenden Markise einer Pizzeria an den Tennisplätzen im Park für eine Stunde Zuflucht suchen.

Im Sonnentempel erfahren wir Einiges über die Gusstechniken der dort ausgestellten Bronzen. Ich kaufe mir ein Notizbuch aus Büttenpapier. Den Einband hat die Künstlerin mit aufgesägten Knochen gestaltet, die sie als Druckstempel benutzt hat. Im Effekt erinnert das so entstandene Muster an ein Leopardenfell. Auch wenn die ausgestellte Kunst mich nur zum kleineren Teil angesprochen hat, gefällt mir diese Art, sie zu betrachten – gehend bzw. wandelnd und das in einem offenen Gelände, nicht isoliert in einem Museum und dabei separiert vom Rest der Welt. Die Frage, warum wir uns so viel und bereitwillig in Höhlen begeben, vom Club über die Fußballarena bis zum Literaturhaus, warum alles sortiert und extra verpackt passiert, und die Erkenntnis, dass es oft auch anders geht, gehört zu den besten Anregungen dieser Ausnahmezeit.

Verfasst von: Thomas Lang