Marie-Elisa

Marie-Elisa ist die Geschichte einer Verlobung, einer jungen Ehe und eines Konfliktes zwischen zwei starken Persönlichkeiten. Er schildert die Missverständnisse, die sich in einer Beziehung zwischen Menschen verhängnisvoll entwickeln können.

Ein zartes, naives Mädchen aus vornehmem bürgerlichen Haus kommt mit der Unwahrhaftigkeit ihrer bürgerlichen Welt nicht zurecht. Sie fühlt sich verwirrt, wenn die Mutter ihr ein verlogenes Verhalten vorschreibt, und erträgt den ganzen, unehrlichen Verkehr unter den Menschen nicht. „Dieses junge Mädchen wird sich unmöglich machen“, so sehen sie die Anderen. Als Marie-Elisa bei einer Abendgesellschaft neben einem jungen Offizier sitzt, versteht dieser ihre Probleme und lässt ihr gegenüber milde Worte über seine Mitmenschen fallen:

„Sie sprechen von Lüge – man kann es ebensogut Verzichtleisten nennen auf die eigene Persönlichkeit, das oft sehr wünschenswert ist, ... oder denken Sie sich das schön, wenn hier jeder in seiner Urgestalt sich zeigte?“

Seine Worte bringen Sicherheit in ihre verstörte Welt. Mit einem Mal wird dem jungen Mädchen alles klar. Bald liebt sie den jungen Mann. Die Gesellschaft wartet darauf, dass die in ihren Augen langweilige Liebesgeschichte mit der Verlobungsanzeige enden wird. Als beide sich aussprechen, spricht Marie-Elisa zu ihm über die beginnende Beziehung die bedeutungsschweren Worte:

„Du wirst es nie vergessen, Wolf, daß ich es auch mit meinem ganzen Willen gewollt habe!“ „Alles mußt Du mir geben, Wolf, daß ich alles mit dir teilen kann“ hofft sie, „ich möchte wachsen, ausstrecken möchte ich mich, bis ich alle deine Weiten ausfülle!“

Dieser Anspruch verängstigt Wolf, er kennt seine Grenzen, ist sich auch keiner Weiten und Tiefen in sich bewusst. Sie hingegen will in ihren Mädchenträumen nichts von Grenzen wissen. Bald sind sie verheiratet, und nun tritt ein, was er befürchtet hat, denn er gehört nicht zu denen, die sich mitteilen können. Nur beim Kennenlernen ist er aus sich herausgetreten. Fortan gibt es zwar keine groben Verletzungen und Brutalitäten zwischen ihnen, es sind vielmehr Blicke, Worte, die nicht gesprochen werden. Es stellt sich eben keine Übereinstimmung, kein völliges Aufgehen ineinander ein. Bald sträubt sich alles in Marie-Elisa gegen eine solche halbe Ehe. Ihr Mann hingegen nimmt eine historische Arbeit wieder auf, über die Geschichte seiner Familie, des Geschlechtes der Giesacks. Er versinkt so in dieser Arbeit, dass er seine Frau darüber vergisst. Und so fühlt sie sich denn ungeliebt und ausgeschlossen von seinem Seelenleben. Tatsächlich ist es aber dann nur seine Arbeit, die ihn ihr wieder nahe führt. Gerade das Brüten über die Vergangenheit seines Geschlechtes, das er für ermattet und am Ende hielt, zeigt ihm die Weiten in ihm selbst, an die er nie geglaubt hat, erweckt in ihm die Lust zu neuem Leben, zum Geben und Nehmen. In dieser Stimmung treten beide einander wieder gegenüber. So unglücklich ihre Geschichte erzählt wird, so glücklich schließt sie.

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Ingvild Richardsen

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