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Alfred Andersch, 1974 (Bayerische Staatsbibliothek/Timpe).

Paul-Heyse-Straße 26: Verlag J. F. Lehmann

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Der Verleger Julius Lehmann, um 1931 (Bayerische Staatsbibliothek/Porträtsammlung).

„Ich antwortete auf den totalen Staat mit der totalen Introversion.“[55] So heißt es zu Beginn im vierten und letzten Teil, „Im Fährboot zu den Halligen“ des ersten Kapitels von Die Kirschen der Freiheit. Wieder ist ein Fluchtpunkt angegeben, wie vorher im ersten Teil „Der Park zu Schleißheim“. Doch bis 1937 bleibt Andersch erst einmal in München und arbeitet, wie er es später betont oberflächlich darstellt, als „kaufmännischer Angestellter im Verlagsbuchhandel“.[56] Anderschs Biograph Stephan Reinhardt hat das erstmals präzisiert: Es war die Zeitschriftenabteilung des medizinisch-völkischen Verlags von Julius Friedrich Lehmann in der Paul-Heyse-Straße 26.[57] Lehmann war ein ehemaliger Bekannter seines Vaters aus der „Thule-Gesellschaft“, der sich mit Schriften zur „Rassenhygiene“ und „Rassenkunde“ nationalsozialistisch profilierte. Der Rückzug aus der Politik ins Lager des Gegners gelang Andersch so vollkommen, dass er nach dem Krieg ein Image als privater Widerstandskämpfer bilden konnte, der ideell keine Kompromisse eingegangen sei.

 


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[55] Ebda., S. 46.

[56] Alfred Andersch: Deutsche Literatur in der Entscheidung. Ein Beitrag zur Analyse der literarischen Situation. Karlsruhe 1948, S. 32.

[57] Reinhardt, Andersch (wie Anm. 6), S. 54f. Zu J. F. Lehmanns Verlag vgl. München – „Hauptstadt der Bewegung“ (wie Anm. 51), S. 150-152 (Nr. 9.11).

Verfasst von: Dr. Dirk Heißerer