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© Stadtarchiv München DE-1992-FS-NL-KV-2183

Der Gärtnerplatz: Gemming der Mietnomade?

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Melderegister © Stadtarchiv München

Tourenhinweis: Mit der U7 bis zur Station „Gärtnerplatz“. 

August Gemming wohnt in seinen gut 20 Jahren in München nachweislich ruhelos. Mindestens zwanzig Meldeanschriften sind aktenkundig. Häufig wechselt er in einer Straße mehrfach Häuser und Stockwerke, Abstecher nach Lenggries nicht zu vergessen. Gemäß polizeilichem Meldebogen lautet seine erste Adresse in München ab 24.1.1873 Theresienstraße 7/II H.G. bei Kück. Offiziell registriert wurde er einen Tag zuvor. Schon bald wechselt er zur Blumenstraße 21, zur Löwengrube 14/3, zur Filsergasse 3/4. Ab 1874 quartiert er erneut in der Blumenstraße 21, ein Jahr später, ab 1875, in der Klenzestrasse 22, ab 1876 in der Klenzestraße 34/I, ab 1879 in der Klenzestraße 18, ab 1882 in der Marsstraße 34 bzw. 34/I, ab 1885 in der Blumenstraße 43, 1886 in der Müllerstraße 46, 1890 in der Baaderstraße 56, 1891 in der Müllerstraße 26 und 1893 lautet seine Adresse Von-der-Tann-Straße 23 Rgb./0. 

Gemming ein Mietnomade? Überraschend kurze Mietverhältnisse waren in bestimmten sozialen Schichten und Vierteln durchaus üblich. Alleinstehende wie Gemming, aber auch kleine Familien, wechselten regelmäßig ihre Wohnung. Am Gärtnerplatz wohnte ein Viertel aller Gemeldeten, 25,3 Prozent, nur knapp ein Jahr zur Miete, am Glockenbach sogar 34,5 Prozent. Die „seßhaftesten Bewohner der Stadt“, waren die „älteren reichen Privatiers in den Zentren“, etwa im Lehel oder am Königsplatz (Neumeier, 221 und 297). Umzüge damals waren allerdings auch weniger aufwändig. Der Hausstand passte mitunter in einen Leiterwagen. „Verfügte um 1900 jeder Mensch durchschnittlich etwa über 180 persönliche Dinge, so sind es heute 10.000.“

Vom Schweinestall zur 1A-Adresslage

Die meisten der von August Gemming bewohnten Zimmer oder Wohnungen gelten heute als attraktive Lagen. Das war lange anders. Zwischen 15 und 50 Mark monatlich kostete um 1880 eine Mietwohnung im Gärtnerplatzviertel. Das Gebiet galt „jahrhundertelang als ‚Arme-Leute-Gegend‘, deren Einwohner bei den ‚Schweineställen‘ lebten.“ Letzteres ein Hinweis, wie stark die städtische Ausdehnung in die immer noch ländlich geprägten Regionen hineinragte. Spekulanten versuchten durch repräsentative „Fassadengestaltung“ das Viertel zu „nobilitieren“, aber der Plan ging nur bedingt auf (Neumeier, 111). Daher sanken die Preise sogar später wieder, die Mieter konnten wählen – ein „Nachfrageüberhang“. Pro Person verfügbare Quadratmeter rangierten zwischen 7qm in der unteren Unterschicht und 17-23qm in der oberen Mittelschicht. Der Oberschicht standen mindestens 25qm zur Verfügung, das kostete dann aber auch ab 100 Mark aufwärts (Neumeier, 111).

Klamm, wie Gemming häufig genug war, ist es gut möglich, dass er zu Untermiete wohnte oder nur als Nachtgänger einquartierte. Vermutlich gab er sein Geld für Essen, Trinken, Rauchen aus, einiges ging für Kompositionen und Korrespondenzen drauf.


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