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Quirinus-Zettel. Aus: Hans Halmbacher: Das Tegernseer Tal in historischen Bildern. 3 Bde. Fuchs-Druck, Hausham 1980-87 (Sammlung Hans Halmbacher)

Rohbognerweg, bei Loch 10 des Golfplatzes – Quelle nahe der Ölkapelle

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Mathias Bartholomäus von Flurl (Ölgemälde)

Heute ist der Fluss des Quirinusöls versiegt – die Quellfassung im Boden der Quirinusölkapelle ist verschwunden. Tatsächlich gibt es vor Ort noch eine natürliche, ölhaltiges Wasser absondernde Quelle.

Quirinusöl-Quellen: Bericht des Mathias Bartholomäus von Flurl (1756-1823)

1792 veröffentlichte der Geologe, Physiker und Mineraloge Mathias Bartholomäus von Flurl die erste geologische Übersicht von Bayern u.d.T. „Beschreibung der Gebirge von Baiern und der oberen Pfalz“ und begründete damit die hiesige Mineralogie und Geologie. Im Neunten Brief seines Werkes berichtet Flurl auch über die beiden Wiesseer Quirinusöl-Quellen:

So bald man nun gegen die Hälfte des Sees zurückgelegt hat, so öfnet sich zwischen den an den westlichen Ufern heranziehenden Sandgebirgen, welche mit Kalklagen von verschiedener Mächtigkeit abwechseln, eine kleine Schlucht, zwischen welcher in einem Graben ein kleines Wasser herabstürzt. Steigt man nach der Leitung desselben etwas bergan, so bemerkt man zur Seite schon überall einen durchdringenden bituminösen Geruch, welcher von den häufigen an der Seite hervorquellenden ölführenden Quellen herrühret, die da herum überall in kleine Gruben zu dem Ende gefangen wer­ den, das Oel gelegentlich davon abzuschöpfen.

Die 2 Hauptquellen brechen aber oben auf dem Rücken dieses nicht gar hohen Berges unter der dasigen Nagelfluh, die auf dem Sandsteine aufsitzt, hervor, und eine davon wird von dem Kloster ordentlich in einem hölzernen Kasten zu Sumpf gehalten, die andere aber vermittelt eines ausgezimmerten Kanals in eine von Steinen aufgeführte sogenannte Quirinuskapelle geleitet, und in bessere Verwahrung gebracht. So flüßig auch dieses Oel noch unter der Erde seyn mag, daß es vom Wasser fortgerissen und mit herausgeführt werden kann, so gerinnt es doch am Tage sogleich, und erscheint als ein schlüpfriger Brey von olivengrüner Farbe. Dieser wird dann manchmal mit kupfernen Löfeln abgeschöpft, über einem gelinden Feuer in einen vollkommen flüßigen Stand gesetzt, so in gläserne Fläschchen gefüllt, und von den dasigen Klostergeistlichen an ihre Unterthanen und Verehrer verschenket. In diesem Zustande ist es kaum durchscheinend; sondern vollkommen trübe und braun, und behält stets einen durchdringenden eben nicht gar unangenehmen Geruch. Manchmal nimmt es auch eine gelblichbraune Farbe an, und gerinnt allemal unter dem Grade seiner Temperatur. Mit dem reinen Bergöl oder Naphta hat es das gemein, daß es, wenigstens bey seiner Quelle, wo es angehäuft ist, schon von weitem Feuer fängt. Das Kloster hat es erst vor einigen Jahren erfahren, und dadurch eine ihrer Hüten in Brand gesteckt, wo jezt die oben beschriebene vom Grunde heraus gemauerte Quirinuskapelle steht, durch deren Mauerwerk es den Zufluß des Oeles so gehemmet hat, daß es jetzt kaum mehr die Hälfte von dem Oele erhalten soll, als es vorhin erhalten hat. Der stärkste Zufluß dieses Oeles geschieht im Sommer, da denn die Hitze bis in die unterirdischen Vorrathskammern zu dringen und selbes flüßig zu machen scheint.

(zit. n. Heim, TT 102, S. 16f.)

Quirinus-Gebete: „Zwey Gebete bei dem Gebrauch dieses heilsamen Oels“

„Heiliger Martyrer und auserwählter Freund Gottes Quirinus! ich bitte dich mit demüthigem Herzen, erhalte mir bei Gott durch deine Fürbitte, daß er mir durch den Gebrauch dieses Oels die Gesundheit des Leibs, Wohlfahrt der Seele, Verzeihung meiner Sünden, eine glückselige Sterbstunde, und nach diesem vergänglichen Leben die ewige Freude und Seligkeit verleihen wolle. Durch unsern Herrn Jesum Christum, der mit dem Vater und heiligen Geiste lebet und regieret von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Heiliger Quirinus! der du wegen Verachtung zeitlicher Hochzeit von Gott durch das wundersame Wasser, welches unter deinem heiligen Leib entsprungen, durch dein heiliges Blut, so aus deinem über 400 Jahr unverwesenen heiligen Leib miraculoser Weis geflossen und durch das heilsame Oel, so durch deine Fürbitte erfunden, und noch fließt, herrlich und glorreich auf der Welt gemacht zu werden vedienest: erwirb uns das Wasser reumüthiger Bußzähren, und so festen Vorsatz, daß wir eher Leib und Leben, Gut und Blut aufsetzen, als Gott mit einer einzigen freiwilligen Sünde beleidigen, und erlange uns hiedurch das Oel des Heils, damit wir Gott in dir, und dich in Gott loben, ehren und preisen mögen in alle Ewigkeit. Amen.“

(zit. n. Halmbacher, Bd. 1, S. 86)

Eine Darstellung des Ölwunders findet sich im Freskenzyklus (1693) in der Vorhalle der Tegernseer Klosterkirche von Hans Georg Asam (1649-1711): Ein Mann und eine Frau (vermutlich Asam und seine Gattin) benetzen Augen und Ohren ihrer beiden Söhne mit dem Öl.

 

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Verfasst von: TELITO / Dr. Peter Czoik

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