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03.04.2013, 13:37 Uhr
Frank Piontek
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Jean Paul selbst nannte seinen Debütroman eine „geborne Ruine“: Frank Piontek liest „Die unsichtbare Loge“ von Jean Paul, Tag für Tag, von der ersten bis zur letzten Seite, und bloggt darüber.

Logen-Blog [118]: Zutrauen zu Männern im Allgemeinen und zu Doctores im Besonderen

Jean Paul kannte – natürlich – auch ihn, und er kannte, wie Jean Paul (aber kannte er sie wirklich?), auch die Frauen: der nach wie vor berühmte Abbé Galiani.

Wann spielt eigentlich die Handlung des Romans? Der Erzähler teilt es uns mit: im Winter 1788 – denn Dr. Fenk teilt mit, dass man den „Abt Galiani“ vier Tage vor seiner Abreise aus Italien begraben hat. Wir müssen uns Scheerau als eine in Weiß gehüllte Stadt vorstellen. Ferdinando Galiani starb am 30. Oktober 1787 in Neapel – nein, ich werde hier keinen Einschub über den so geistreichen wie witzigen italienischen Aufklärer einrücken, dem zu Ehren sich vor gut vier Jahren ein neuer Verlag gründete. Fenk zitiert ihn nur, darauf hinweisend, dass „die Weiber ewige Kranke sind“. Er hat das vielleicht aus den Dialogues de femmes, die 1778 in Neapel erschienen sind, also etwa zehn Jahre, nachdem der Abbé (der kein deutscher „Abt“ war) den zehnjährigen Diplomatendienst in Paris quittieren musste.

Die Frauen sind ewige Kranke? Da bleibt ein anderer Satz des Doktors eher haften:

Ihr armen hintergangnen Geschöpfe, warum hat ihr so viel Zutrauen zu uns Männern überhaupt und zu uns Doktoren insbesondere...?

Die Frauen würden solange die Medizin einnehmen, „bis wir euch auf den Leichenwagen abladen“. Der Satz hat aber eine Pointe, die über den humanistischen Sinn hinwegtäuschen könnte: „So sagt' ich manchmal zu ihnen; und dann nahmen sie alle Arzneien lieber ein, die ich ihnen verordnete.“

Jean Paul und die Frauen – das ist ein sehr weites, kaum ausmessbares Feld... Demnächst mehr darüber, in der Ausstellung im Fichtelgebirgsmuseum Wunsiedel: Mädchen – Musen – Männerschreck. Jean Paul und die Frauen.